Stellungnahme der vzbv, des VIR und weiteren Verbänden zu geplanten Anpassungen an der Richtlinie zur außergerichtlichen Streitbeilegung
Der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) hat gemeinsam mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), der Universalschlichtungsstelle des Bundes und weiteren Schlichtungsstellen, dem VKU – Verband kommunaler Unternehmen e.V., dem Bundesverband Direktvertrieb Deutschland e. V. (BDD) und Trusted Shops, ein Schreiben zu geplanten Anpassungen an der Richtlinie zur außergerichtlichen Streitbeilegung mitunterzeichnet. Dieses wurde an das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) versendet.
Die diesen Brief unterzeichnenden Akteure begrüßen die Bemühungen der Europäischen Gesetzgeber, die Richtlinie zur außergerichtlichen Streitbeilegung an die Herausforderungen neuer Geschäftsmodelle mit immer komplexeren Entscheidungssituationen anzupassen. Hierbei sollten aber keinesfalls bewährte Strukturen, die sowohl für Verbraucherinnen und Verbraucher als auch für Unternehmen eine echte Alternative zum Gerichtsweg bieten, aufs Spiel gesetzt werden. Die Unterzeichnenden möchten daher Ihre Aufmerksamkeit auf einige Aspekte lenken, die sie aus der Perspektive eines im Grundsatz gut funktionierenden Systems mit großer Sorge sehen, und appellieren, die mühsam gefundenen Kompromisse nicht aufzugeben.
Ausgeglichenes Gesamtgefüge erhalten
Aus Sicht der unterzeichnenden Akteure werden mit dem Kommissionsvorschlag die Grenzen zwischen internen Beschwerdemechanismen, Schlichtung1, Verbraucherberatung und weiterer Rechtsdurchsetzung verwischt. Dies zeigt sich zuvorderst an der vorgeschlagenen erheblichen Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Richtlinie. Dieser würde beispielsweise konkret dazu führen, dass sich Schlichtungsstellen mit irreführenden Greenwashing-Praktiken befassen und sich an die Händler wenden können, um Abhilfemaßnahmen zu vereinbaren.
In nicht-vertraglichen Konstellationen sind daher klare Voraussetzungen, wie sie das Europäische Parlament unter anderem mit einer persönlichen Betroffenheit der Person vorsieht, unabdingbar. Schlichtung kann und muss eine neutrale und unabhängige Prüfung einer Streitigkeit im Einzelfall leisten, um diese zu befrieden. Aufgabe des kollektiven Rechtsschutzes ist hingegen, die Unterlassung unerlaubter Praktiken durchzusetzen und Sachverhalte für alle Betroffenen klären zu lassen. Aufgabe der Verbraucherberatung wiederum ist eine umfassende Beratung im Verbraucherinteresse.
Geboten erscheint auch eine Schärfung im Hinblick auf die Aufgaben der Kontaktstellen: Einerseits sollten diese vorzugsweise bei einer neutralen Einrichtung angesiedelt werden können, andererseits sollte weitergehende Beratung für Verbraucher:innen in inländischen Fällen Verbraucherzentralen, in grenzüberscheitenden Fällen den Europäischen Verbraucherzentren vorbehalten sein. Die vom Europäischen Parlament vorgesehene einseitige Bereitstellung von Informationen über das Verbraucherrecht sollte ausgeschlossen sein, um den Eindruck einer Interessenvertretung zu vermeiden. Die Kontakte, die von Online-Marktplätzen und Unternehmen im Rahmen ihres Beschwerdemanagements angeboten werden, müssen organisatorisch und institutionell strikt von der Schlichtungsarbeit getrennt bleiben und nicht den Eindruck erwecken dürfen, ADR-Stellen zu sein. Dies muss auch durch eindeutige Bezeichnungen sichergestellt werden, um für Klarheit bei Verbraucher:innen zu sorgen und Verwirrung sowie Konturlosigkeit des ADR-Begriffs zu vermeiden. Wenngleich das Gesamtziel der Kommission, ein breites Spektrum an Streitigkeiten abzudecken, grundsätzlich begrüßenswert ist, sollte die Kohärenz des Verbraucherschutzsystems und eine Abgrenzung der Arbeit der verschiedenen beteiligten Akteure erhalten bleiben.
Es sollte verhindert werden, dass Schlichtung eine de facto Marktüberwachungsrolle zukommt. Aus Sicht der Unterzeichnenden muss das Ziel ein ausgeglichenes Gesamtgefüge von Verbraucherberatung, Schlichtung und sonstiger Rechtsdurchsetzung sein. Nur so kann jede Komponente jeweils ihren vollen Beitrag zu einem hohen Verbraucherschutz leisten.
Bekanntheit vergrößern
Aus Sicht der Unterzeichnenden ist es ein wichtiges Signal des Europäischen Parlaments, die vorgesehenen Informationen zur Schlichtungsmöglichkeit im Zeitpunkt des konkreten Streitfalls zu erhalten. Sie sind ein wirksames Mittel, die Bekanntheit von und das Bewusstsein um Schlichtung zu erhöhen. Artikel 13 Absatz 3 der derzeit geltenden Richtlinie sollte dahingehend spezifiziert werden, dass feststeht, wann genau der Hinweis zu geben ist. Dies gibt Unternehmen und Verbraucher:innen Klarheit über die konkrete Anwendung.
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