Praxisrelevante Verbesserungsvorschläge des Aktionsbündnis Tourismusvielfalt zu den Novemberhilfen

Wir begrüßen, dass die Bundesregierung mit der Novemberhilfe zügig ein Hilfsprogramm auf den Weg bringt, um denen, die von den aktuellen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie besonders betroffen sind, schnell zu helfen. Dafür möchten wir Ihnen unseren ausdrücklichen Dank aussprechen. Wir begrüßen insbesondere, dass das Antragsverfahren unbürokratisch und schnell erfolgen soll, vor allem aber auch dass der Anspruch auf Basis der Vorjahresumsätze ermittelt wird. Dies trägt dem Umstand gebührend Rechnung, dass die Umsätze im Tourismus stark eingebrochen und die Unternehmen zusätzlich mit einer starken Buchungszurückhaltung seitens der verunsicherten Urlauber konfrontiert sind. Dieser Ansatz, sich am Umsatz des Vorjahres zu orientieren, könnte auch für die Überbrückungshilfen III wegweisend sein.

Dennoch gibt es einige Punkte, die bislang aus unserer Sicht noch nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden sind.

(1) Antragsberechtigte

  1. Als Bedingung für den Anspruch auf die außerordentlichen Wirtschaftshilfen gilt, dass ein Unternehmen von einer coronabedingten temporären Schließung betroffen ist. Im Beherbergungsbereich sind aber lediglich touristische Übernachtungen verboten, nicht aber solche aus dienstlichem, geschäftlichem oder dringendem persönlichem Anlass. Entsprechend findet sich in den Verordnungen der Länder keine Anordnung, Beherbergungsbetriebe zu schließen. Damit zählen sie aber laut den bisher bekannten Regularien für die Novemberhilfen streng genommen nicht zu den Antragsberechtigten. Zwar werden bereits Hotels als (sogar unmittelbar) Betroffene explizit genannt. Doch ist nicht zweifelsfrei klar, ob dies auch für andere Akteure im Beherbergungssektor wie z.B. Ferienwohnungen und Campingplätze gilt. Eine Klarstellung für alle anderen Beherbergungsformen ist aus unserer Sicht notwendig, um etwaige Missverständnisse und Verzögerungen bei der Gewährung der Hilfen zu vermeiden. Das gleiche gilt für den Vertrieb und die Vermittlung touristischer Leistungen sowie Reiseveranstalter. Auch wenn z.B. Reisebüros, Agenturen, Campingplätze oder Vermittlungsportale nicht schließen müssen, sind sie ebenfalls vom Verbot touristischer Übernachtungen unmittelbar betroffen. Ihnen wird gemäß Punkt 4 des MPK Beschlusses vom 28.10.2020 die Geschäftsgrundlage entzogen: „Bürgerinnen und Bürger werden aufgefordert, generell auf nicht notwendige private Reisen und Besuche -auch von Verwandten- zu verzichten. Das gilt auch im Inland und für überregionale tagestouristische Ausflüge. Übernachtungsangebote im Inland werden nur noch für notwendige und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung gestellt“. Viele Unternehmen der Reisebranche sind allerdings nicht nur von Umsatzausfällen durch coronabedingte Schließungen im Inland betroffen, sondern auch in hohem Maße vom Umsatzausfall bei Auslandsreisen. Auch wenn es kein explizites Reiseverbot mehr gibt, kommen Reisewarnungen, Quarantänen und die allgemeine Empfehlung, auf vermeidbare Reisen zu verzichten, einem generellen Verbot touristischer Reisen gleich.

  1. Reisebusunternehmen fallen als Einrichtungen der Freizeitgestaltung und als Ausrichter von Unterhaltungsveranstaltungen sowie durch den allgemeinen Aufruf zum Reiseverzicht wie schon im Frühjahr unter die Komplettverbote auf Landesebene und sind daher direkt betroffen, auch wenn sie im MPK-Beschluss vom 28.10 2020 nicht explizit aufgeführt worden sind.

  1. Für Anbieter von Schul-, Kinder- und Jugendreisen stellt sich die Situation mit besonderer Dramatik dar: Diese sind nicht erst seit Anfang November (erneut) von Schließungen betroffen. Seit mehr als acht Monaten können Schul- und Klassenfahrten nicht mehr stattfinden und auch der mehrheitliche Teil der Kinder-und Jugendreisen ist betroffen, da u.a. Kontaktverbote Gruppenreisen unmöglich machen. In vielen Bundesländern haben die zuständigen Ministerien die Durchführung von Schulfahrten, Exkursionen und Tagesausflügen untersagt. Als Folge finden solche Fahrten und Programme nicht mehr statt. Die Akteure im sozial bedeutsamen Segment der Schul-, Kinder- und Jugendreisen benötigen in dieser existenzbedrohenden Situation finanzielle Unterstützung. Der Ansatz der “Novemberhilfe”, die Hilfen am Vorjahresmonat festzumachen ist grundsätzlich gut. Allerdings ergibt sich für Unternehmen und Vereine, die Kinder- und Jugendreisen veranstalten ein besonderes Problem: In diesem Bereich kommt es regelmäßig vor, dass der November besonders auftragsschwach ist, weil weniger Reisen stattfinden. Diesen Anbietern geht es mithin nicht anders als Künstlern, die ebenfalls deutlich schwankende Einnahmen je Monat aufweisen. Orientierte sich die Hilfszahlung am schwachen Vorjahresmonat, bedeutete dies für viele Anbieter, dass die Novemberhilfe unterdurchschnittlich ausfallen und damit nicht annähernd ausreichend ausfallen würde. Wir schlagen deshalb vor, analog zur Regelung für Künstler auch für Anbieter von Kinder- und Jugendreisen als Bemessungsgrundlage den Jahresdurchschnitt der Umsätze heranzuziehen.

  1. Ebenfalls Berücksichtigung sollte die Tatsache finden, dass zahlreiche Technologieunternehmen im Hintergrund, wie GDS (Global Distribution Systems) und IBE (Internet Booking Engines), aufgrund der Abhängigkeit von touristischen Reisen mindestens indirekt betroffen und dadurch antragsberechtigt sein sollten.

  1. Die Novemberhilfen sind daran gebunden, dass eine Tätigkeit als Gewerbe angemeldet wurde. Viele private Ferienwohnungsvermieter haben ihre Vermietung aber nicht als Gewerbe angemeldet, sondern veranschlagen diese steuerlich als Einnahmen aus Mieten und Verpachtungen. Für einen Teil macht die Vermietung dennoch einen wichtigen Anteil des Einkommens aus, mit dem beispielsweise das eigene Wohneigentum oder die Altersvorsorge finanziert wird. Diese Vermieter sind schon zuvor bei Hilfszahlungen wie beispielsweise den Hilfen für Solo-Selbständige nicht berücksichtigt worden, weil ihnen die Gewerbeanmeldung fehlt. Das neuerliche Verbot touristischer Übernachtungen trifft diese Vermieter hart, die Rücklagen schwinden, Finanzierungen geraten in Gefahr. Es droht der Verlust der Existenz oder des selbstgenutzten Hauses. Aus unserer Sicht bedarf es einer Ausnahmeregelung, dass Privatvermieter, die durch Corona bedingte Verbote in existenzbedrohende wirtschaftliche Not geraten, ebenfalls einen Anspruch auf außerordentliche Wirtschaftshilfen haben.

(2) Förderfähige Maßnahmen

  1. Unklar ist, worauf sich der zugrunde gelegte Umsatz bezieht. Je nach Unternehmen werden verschiedene Kenngrößen herangezogen, Reiseveranstalter gehen von ihren Margen aus, Reisemittler von ihren Provisionen. Eine Klarstellung wäre sinnvoll, um einheitliche Bemessungsgrundlagen zu gewährleisten.

  1. Als Erstattungsbasis soll der November-Umsatz des Vorjahres herangezogen werden. Unklar ist jedoch, ob dabei die eingebuchten Reisen oder die tatsächlichen Abreisen als Bemessungsgrundlage gelten.

  1. Die Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Analog zu den Überbrückungshilfen, die entsprechend der Krisendauer angepasst worden sind, sollte es bereits jetzt eine klare Aussage geben, dass die außerordentlichen Wirtschaftshilfen über den November hinaus ausgedehnt werden, sollte es zu einer Verlängerung des Lockdowns kommen.

Wir hoffen, dass wir mit den vorangegangenen Ausführungen zum besseren Verständnis der besonderen Situation in unserer Branche beitragen konnten. Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Anregungen berücksichtigen könnten. Gerne stehen wir Ihnen für weitere Fragen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Die Vertreter des Aktionsbündnisses Tourismusvielfalt

Jochen Szech – Präsident

asr Allianz selbständiger Reiseunternehmen Bundesverband e.V.

Anke Budde – Geschäftsstellenleiterin

Arbeitsgemeinschaft Karibik e.V.

Liliana Gatterer – Präsidentin

Bund der Selbständigen Deutschland e.V.

Oliver Schmitz – Vorstand

BundesForum Kinder- und Jugendreisen e.V.

Christian Günther – Geschäftsführer

Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland e.V.

Sebastian Worel – Geschäftsführer

Bundesverband der Deutschen Incoming-Unternehmen e.V.

Carsten Herold – Vorstandsvorsitzender Bundesverband führender Schulfahrtenveranstalter e.V.

Katja Rothmeier – Geschäftsführerin

Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e.V.

Karsten Stahlhut – Geschäftsführer

Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.

Volker Dankers – Vorstand

Deutscher Fachverband High School e. V.

Michelle Schwefel – Leiterin der Geschäftsstelle

Deutscher Ferienhausverband

Meik Haselbach – Vorsitzender

European Ropes Course Association (ERCA) e.V.

Julia Richter – Geschäftsführerin

Fachverband Deutscher Sprachschulen und Sprachreise-Veranstalter e.V.

Petra Thomas – Geschäftsführerin

Forum anders Reisen e.V.

Anne Heuer – Verbandsgeschäftsführerin

HSMA Deutschland e.V.

Gunter Schinke – Vorsitzender

BAG der KiEZe in Deutschland e.V.

Sven Gollub – Vorsitzender

Landesverband für Kinder- und Jugendreisen Berlin Brandenburg e.V.

Holger Seidel – Vorstandsvorsitzender

Reisenetz e.V.

Ludwig Kohler – Präsident

RTGV Reiseleiter und Tourguide Verband e.V.

Gernod Loose – Vorstand

Verband der Russischen Tourismusindustrie in Deutschland e.V.

Michael Buller – Vorstand

Verband Internet Reisevertrieb e.V. (VIR)

Steffen Buder – Vorsitzender

VSRD e.V.

Hier finden Sie das Schreiben zum Download.

Über den VIR:

Der Verband Internet Reisevertrieb e.V. (VIR) repräsentiert die digitale Touristik, die laut FUR-Zahlen von 2019 rund 67 Prozent der Urlaubsreisen ab einer Übernachtung mit vorabgebuchten Leistungen ausmacht. Zu den VIR-Mitgliedern gehören mehr als 90 Unternehmen, die in der digitalen Touristik tätig sind. Sie unterteilen sich in die vier Cluster OTA, Supplier & Tour Operator, Service & Travel Technology sowie Start-up. Der VIR fungiert als Ansprechpartner für Verbraucher, Medien, Politik und die Branche selbst bei sämtlichen Themen rund um die digitale Touristik.

VIR-Mitglieder sind: Acomodeo, adigi, ACCON-RVS, act, AERTicket, Allianz Travel, Amadeus Germany, Amazon Pay, Backpackertrail, Bewotec, Berge & Meer, Bontravo GmbH, BPCS Consulting Services, CamperBoys, Concardis, DB Vertrieb, DER Touristik, Expedia Group, EC Travel, ERGO Reiseversicherung, Europ Assistance, Evaneos, expipoint, Fair Voyage, FerienDiscounter, FLYLA, Fly Money, For You Travel, FTI Touristik, GIATA, Groupon, Hamburg Tourismus GmbH, HanseMerkur, heymundo, HolidayCheck, HRS, Intent, Invia Group, Involatus Carrier Consulting, journaway, Juvigo, Klarna, LEGOLAND Holidays, List and Ride, mami-poppins, Mamistravelguide, meine-weltkarte.de, Meravando, Midnight Deal, Midoco GmbH, Motourismo, MYLi, Passolution, PayPal, PCI Proxy, refundrebel, Reise-Rebellen, re:spondelligent, RightNow Group, Sabre, salesforce, schauinsland-reisen, SIX Payment Services, silverscreentours, sleeperoo, Solamento, Sunny Cars, taa travel agency accounting GmbH, ta.ts, team neusta, tennistraveller, traffics, Trasty, travelbasys, Travelport, TripLegend, TRIP*PERFECT, triper one, tripi, TrustYou, TrustYourTrip, TUI, Ucandoo, Unplanned, Urlaubsrente, vawidoo, virtualpro360, Viselio, weg.de, Wirelane, world is a village und Xamine.

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