Forderung: Überbrückungshilfen III für Touristikunternehmen zugänglich machen

Die anhaltende Corona-Krise und die damit verbundenen Anweisungen der Bundesregierung an seine Bürger jegliche Reisen zu unterlassen, stellen die Tourismusbranche nach bereits sehr schwierigen acht Monaten seit Ausbruch der Pandemie, erneut vor immense wirtschaftliche Herausforderungen. De facto herrscht für die Branche ein Geschäftsverbot. Und in Anbetracht der Entwicklung der nationalen und internationalen gesundheitlichen Lage ist für die Tourismusbranche in naher Zukunft keine nennenswerte Besserung absehbar.

Aufgrund dessen, begrüßen wir die angekündigte erneute Verlängerung der Überbrückungshilfen für betroffene Unternehmen sehr. Insbesondere die Anhebung der Deckelungsgrenze von 50.000 auf 200.000 Euro, stellt eine große Verbesserung dar. Leider sind die Überbrückungshilfen bis dato weiterhin für zahlreiche Unternehmen in der Touristik nicht abrufbar. Wir möchten sie deshalb dringend bitten, sowohl die Bewilligungskriterien sowie auch die für die Touristik spezifischen Strukturen und einhergehenden Erlösmodelle in der Überarbeitung der weiteren Überbrückungshilfen zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung dieser ist elementar, damit die Hilfen auch für die Touristikbranche wirklich greifen.

  1. Anpassung der erstattungsfähigen Kosten

a) Pos. 4: Finanzierungskostenanteil von Leasingraten

Für viele Unternehmen wie beispielsweise Busbetriebe, sind diese Kosten ein erheblicher Kostenblock und der Grundstein ihres kapitalintensiven

Geschäftsmodells. Die alleinige Berücksichtigung des Finanzierungskostenanteils, wird der Belastung der Unternehmen in keiner Weise gerecht. Ebenfalls ist die alleinige Berücksichtigung der Zinsen in Pos. 3 bei einer Anschaffung und Finanzierung nicht ausreichend.

Wir fordern Sie auf, die vollen Leasingraten und Absetzungen für Abnutzungen zu berücksichtigen.

b) Pos. 12: Personalaufwand

Bislang konnten Personalkosten bei der Festlegung der Förderzuschüsse nur in sehr geringem Umfang geltend gemacht werden. Gerade in der Touristik ist es vielfach nur in geringem Umfang möglich, Mitarbeiter in Kurzarbeit zu senden. Denn die sich permanent ändernde Sachlage der Pandemie sowie der daraus folgenden Regularien und Reiseeinschränkungen in den verschiedensten Destinationen führen zu einem außerordentlichen Service und Beratungsaufkommen, wie Umbuchung oder Stornierung von bereits bestehenden Buchungen und die Information und Betreuung der betroffenen Kunden. Dabei werden jedoch weiterhin keine Erträge erwirtschaftet.

Wir fordern deswegen, dass anstatt einer Pauschale, die vollständigen Lohnkosten abzüglich des Kurzarbeitergeldes Berücksichtigung finden.

c) Berücksichtigung eines Unternehmerlohns

Wir fordern, einen Unternehmerlohn bei der Kalkulation der Fixkosten miteinzubeziehen. Dies würde insbesondere Soloselbständige und Kleinstunternehmen vor einer Geschäftsaufgabe und dem privaten Ruin bewahren. Zurecht hat man von Anfang an bei Arbeitnehmern darauf geachtet, dass diese trotz Pandemie ein würdevolles Auskommen finden und das bestehende Kurzarbeitergeld verbessert, um der besonderen Situation Rechung zu tragen. Dieser Ansatz einer würdevollen Behandlung muss auch für Unternehmer gelten. Ein Unternehmerlohn ist insbesondere vonnöten, weil sich die Auswirkungen der Pandemie auf unsere Branche noch über Monate hinziehen werden und Rücklagen aufgezehrt sind.

Unser Vorschlag ist, den Unternehmerlohn pauschal mit 2.000 EUR monatlich zusätzlich in der Berechnung der Fixkosten zuzulassen.

d) 1 – Pos.13 – Provisionen und Margen der Reiseveranstalter

Bislang können Margen und entgangene Provisionen nur für Pauschalreisen gelten gemacht werden. Wir fordern Einzelreiseleistungen in dieser Hinsicht endlich gleich zu behandeln wie paketierte Leistungen. Sprachreiseanbieter, Ferienhausvermittler, Bootsverleiher, Hotels und viele andere Anbieter von Einzelreiseleistungen gehen momentan trotz stornierter und ausgefallener Reisen leer aus, obwohl diese ihren Gewinn ebenfalls aus Provisionen und Margen generieren und letztlich genauso arbeiten, kalkulieren, vorfinanzieren und wirtschaften wie klassische Reiseveranstalter. Das gilt selbst dann, wenn diese Anbieter ihre Einzelreiseleistungen freiwillig mit einem Sicherungsschein gegen Insolvenz abgesichert haben.

Wir fordern: Anbieter von Einzelreiseleistungen müssen gleichgestellt werden.

Ebenso ist es von immenser Bedeutung, dass unter Punkt 13 nicht nur Provisionen und Margen für die Reiseunternehmen für stornierte Reisen wieder aufgenommen werden, sondern auch Reisen, die gar nicht erst verkauft werden konnten, Berücksichtigung finden.

Beherbergungsverbote, Verbote touristischer Übernachtungen, Quarantäneankündigungen, Lockdowns, Freitests, Kontaktbeschränkungen, Reisewarnungen in In- und Ausland und nicht zuletzt die Unwägbarkeit des weiteren Verlaufs der Pandemie haben viele Urlauber nachhaltig verunsichert. Hinzu kommen die wiederholten Aufforderungen der Bundesregierung, auf Reisen zu verzichten. Die Folge ist eine wachsende Buchungszurückhaltung und daraus resultierend ein hoher Anteil an Reisen, dieerst gar nicht gebucht wurden- Aus diesem Grund ist es nicht sachgerecht, nur stornierte Reisen als Berechnungsgrundlage für die Höhe der Hilfen heranzuziehen. Es müssen auch die Reisen berücksichtigt werden, die erst gar nicht gebucht wurden. Mit der Novemberhilfe hat die Bundesregierung bereits einen anderen Ansatz gewählt und den Vorjahresumsatz als Berechnungsgrundlage herangezogen. Wir halten diesen Ansatz für wegweisend und zielführend. Wir schlagen vor, für die Berechnung der Überbrückungshilfen künftig den durchschnittliche Umsatz der Vorjahresmonate aus den vergangenen drei Jahren verwendet werden. Damit würden Umsatzschwankungen angemessen berücksichtigt werden, sondern auch die besondere Situation von Unternehmen, die 2019 erhebliche Investitionen getätigt haben, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

  1. Weitere Forderungen

a) Anpassung des Höchstbetrags der Kleinbeihilfen 2020 von bisher 800.000 EUR.

Viele Unternehmen stehen vor der Situation, dass ihnen rückzahlbare Zuschüsse aus Sonderprogrammen (z.B. Überbrückungshilfen nach dem Konjunkturprogramm II) nicht gewährt werden, weil sie bereits einen beihilferechtlichen Förderkredit (z.B. KfW- Schnellkredit) in Anspruch genommen haben. Nach Auffassung der Kreditanstalt für Wiederaufbau gilt der Kreditbetrag in voller Höhe als Subventionswert und unterliegt der „Geänderten Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ und damit der 800.000 EUR-Grenze des sogenannten Temporary Framework. Für verbundene Unternehmen stellt sich dieses Problem erst recht, da die 800.000 EUR-Grenze für die ganze Firmengruppe gilt. Da die Krise weiterhin anhält, stellt diese Begrenzung auf 800.000 EUR für mögliche weitere notwendige Kreditaufnahmen ein mögliches Problem dar. Seitens der EU wurde diese Obergrenze jedoch bereits auf 3 Millionen Euro angehoben (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_20_1872?fbclid=I wAR0CT-1e_lzBsHczmGeGCi5PWHSzJ2X1dlL1Aj939j35PI0SOuoESFqNVjI).

Unsere Forderung: Die Bundesregierung sollte die durch die EU vorgenommene Anpassung der Obergrenze ebenfalls in Deutschland umsetzen.

b) Unternehmenseinheiten einzeln berücksichtigen

Bisher darf für verbundene Unternehmen nur ein Antrag gestellt werden. Dies geht an der Realität vieler Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten vorbei, die jede für sich entsprechende Betriebskosten verursacht, wie beispielsweise Besitzer mehrerer Hotels oder Busunternehmen. Für diese Unternehmen sind die Hilfssummen regelmäßig zu niedrig und werden der Realität nicht gerecht.

Deswegen fordern wir unabhängige Anträge und Hilfen für jede Betriebsstätte.

c) Beihilfen für Unternehmen jeglicher Unternehmensgröße

Bisher wurden Unternehmen, die nicht unter die KMU Kriterien der EU fallen von den Beihilfen, beziehungsweise Überbrückungshilfen, ausgenommen. Als Grund wurde angegeben, dass diese Unternehmen Zugriff auf Kredite im Rahmen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) bekommen. Laut EU-Gesetz sind Beihilfen jedoch nicht auf Unternehmen einer bestimmten Größe beschränkt, dort ist lediglich geregelt, bis zu welcher maximalen Fördersumme die EU-Staaten eigenständig ohne EU-Konsultation nationale Unternehmen mit Beihilfen unterstützen dürfen. Somit sind auch größere Unternehmen laut EU beihilfefähig.

Eine solche Öffnung der Hilfen ist enorm wichtig, denn auch größere Unternehmen können nicht unendlich Kredite aufnehmen. Andernfalls stellte dies eine signifikante Wettbewerbsverzerrung dar. Aktuell besteht die große Gefahr, dass ehemals kerngesunde Touristikunternehmen aus der Krise als stark überschuldete Unternehmen herausgehen ohne dass unternehmerisches Versagen vorliegt. Es ist für uns nicht ersichtlich, warum diese Unternehmen nur allein aufgrund ihrer Unternehmensgröße schlechter gestellt sein sollten.

Wir fordern eine Öffnung der Beihilfen für alle Unternehmen unabhängig von der Betriebsgröße

Eine Zukunftsperspektive – Planungssicherheit für die nächsten sechs Monate

Was unsere Unternehmen brauchen, ist eine klare Zukunftsperspektive, auch in solch ungewissen Zeiten wie diesen. Keiner kann den Verlauf der Pandemie voraussehen. Umso wichtiger ist es, den betroffenen Unternehmen Planungssicherheit zu bieten, indem Hilfen über einen ausreichend langen Zeitraum zur Verfügung gestellt werden. Unseren Mitgliedern ist allen eines zu eigen: Am liebsten möchten sie lieber heute als morgen wieder loslegen und ihre Arbeit tun. Solange das nicht möglich ist, müssen diese Unternehmen über die Frist von wenigen Wochen hinaus wissen, welche Perspektive sich ihnen bietet.

Wir fordern deshalb, die Überbrückungshilfen für einen angemessen langen Zeitraum von mindestens sechs Monaten zur Verfügung zu stellen.

Touristische Unternehmen schaffen nicht nur Arbeitsplätze sondern sorgen für erhebliche Steuereinnahmen – direkt und indirekt. Der Tourismus stellt insbesondere in strukturschwachen Regionen einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar. Im Tourismus sind überwiegend Frauen beschäftigt, viele Unternehmen sind regional verwurzelte Ausbildungsbetriebe. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, warum eine gewisse Unternehmensgröße hier bestraft wird.

Wir möchten Sie im Namen der mehr als drei Millionen Beschäftigten in der deutschen Tourismusbranche bitten, den Betrieben durch Anpassung der aktuellen Überbrückungshilfen dabei zu unterstützen auch die bevorstehenden schwierigen Monate zu bewältigen und mit Zuversicht nach vorne blicken lassen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

Die Vertreter des Aktionsbündnisses Tourismusvielfalt

Jochen Szech – Präsident

asr Allianz selbständiger Reiseunternehmen Bundesverband e.V.

Liliana Gatterer – Präsidentin

Bund der Selbständigen Deutschland e.V.

Oliver Schmitz – Vorstand

BundesForum Kinder- und Jugendreisen e.V.

Christian Günther – Geschäftsführer

Bundesverband der Campingwirtschaft in Deutschland e.V.

Sebastian Worel – Geschäftsführer

Bundesverband der Deutschen Incoming-Unternehmen e.V.

Carsten Herold – Vorstandsvorsitzender

Bundesverband führender Schulfahrtenveranstalter e.V.

Katja Rothmeier – Geschäftsführerin

Bundesverband Individual- und Erlebnispädagogik e.V.

Karsten Stahlhut – Geschäftsführer

Bundesverband Wassersportwirtschaft e.V.

Volker Dankers – Vorstand

Deutscher Fachverband High School e. V.

Michelle Schwefel – Leiterin der Geschäftsstelle

Deutscher Ferienhausverband

Meik Haselbach – Vorsitzender

European Ropes Course Association (ERCA) e.V.

Julia Richter – Geschäftsführerin

Fachverband Deutscher Sprachschulen und Sprachreise-Veranstalter e.V.

Petra Thomas – Geschäftsführerin

Forum anders Reisen e.V.

Anne Heuer – Verbandsgeschäftsführerin

HSMA Deutschland e.V.

Gunter Schinke – Vorsitzender

BAG der KiEZe in Deutschland e.V.

Sven Gollub – Vorsitzender

Landesverband für Kinder- und Jugendreisen Berlin Brandenburg e.V.

Holger Seidel – Vorstandsvorsitzender

Reisenetz e.V.

Ludwig Kohler – Präsident

RTGV Reiseleiter und Tourguide Verband e.V.

Gernod Loose – Vorstand

Verband der Russischen Tourismusindustrie in Deutschland e.V.

Michael Buller – Vorstand

Verband Internet Reisevertrieb e.V. (VIR)

Steffen Buder – Vorsitzender

VSRD e.V.

Das Schreiben steht hier zum Download zur Verfügung.

Über den VIR:

Der Verband Internet Reisevertrieb e.V. (VIR) repräsentiert die digitale Touristik, die laut FUR-Zahlen von 2019 rund 67 Prozent der Urlaubsreisen ab einer Übernachtung mit vorabgebuchten Leistungen ausmacht. Zu den VIR-Mitgliedern gehören mehr als 90 Unternehmen, die in der digitalen Touristik tätig sind. Sie unterteilen sich in die vier Cluster OTA, Supplier & Tour Operator, Service & Travel Technology sowie Start-up. Der VIR fungiert als Ansprechpartner für Verbraucher, Medien, Politik und die Branche selbst bei sämtlichen Themen rund um die digitale Touristik.

VIR-Mitglieder sind: Acomodeo, adigi, ACCON-RVS, act, AERTicket, Allianz Travel, Amadeus Germany, Amazon Pay, Backpackertrail, Bewotec, Berge & Meer, Bontravo GmbH, BPCS Consulting Services, CamperBoys, Concardis, DB Vertrieb, DER Touristik, Expedia Group, EC Travel, ERGO Reiseversicherung, Europ Assistance, Evaneos, expipoint, Fair Voyage, FerienDiscounter, FLYLA, Fly Money, For You Travel, FTI Touristik, GIATA, Groupon, Hamburg Tourismus GmbH, HanseMerkur, heymundo, HolidayCheck, HRS, Intent, Invia Group, Involatus Carrier Consulting, journaway, Juvigo, Klarna, LEGOLAND Holidays, List and Ride, mami-poppins, Mamistravelguide, meine-weltkarte.de, Meravando, Midnight Deal, Midoco GmbH, Motourismo, MYLi, Passolution, PayPal, PCI Proxy, refundrebel, Reise-Rebellen, re:spondelligent, RightNow Group, Sabre, salesforce, schauinsland-reisen, SIX Payment Services, silverscreentours, sleeperoo, Solamento, Sunny Cars, taa travel agency accounting GmbH, ta.ts, team neusta, tennistraveller, traffics, Trasty, travelbasys, Travelport, TripLegend, TRIP*PERFECT, triper one, tripi, TrustYou, TrustYourTrip, TUI, Ucandoo, Unplanned, Urlaubsrente, vawidoo, virtualpro360, Viselio, weg.de, Wirelane, world is a village und Xamine.

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