VIR China Reise #2 – Unternehmensbesuche HRS, C-Trip, Hotnest
Am Montag, den 14. Mai startete das offizielle Delegationsprogramm mit einem Besuch des HRS-Büros: Hier wurde uns zu aller Erst ein Gesamteindruck von China vermittelt. Das Land schaffte es, sich binnen 30 Jahren von einer landwirtschaftlich geprägten Nation über eine Industrienation zu einer Service-Nation zu entwickeln. Was für eine beeindruckende Geschwindigkeit! Das deutsche Unternehmen HRS begann sein Geschäft bereits 2002 in China, dem seit Kurzem größten Markt für Business Travel (bisher war hier die USA führend).
Außerdem wurde uns hier eine Grafik über die Verteilung der Ketten- und Individualhotellerie in Asien gezeigt. Dabei gehören nur 5% der Hotels der Kettenhotellerie an, welche jedoch bisher 75% des Supply ausmachen. Zudem ist der chinesische Business Traveler sehr viel jünger und damit oft digital affiner. Die Dame erwähnte außerdem, dass mobil hier ein absolutes Muss ist und die Vorteile von künstlicher Intelligenz unbedingt genutzt werden sollten. Ein Restaurant müsse den Gast beispielsweise erkennen und ihm basierend auf seinen vorigen Bestellungen ein Menü anbieten können.
Zum Abschluss erhielten wir ein paar Tipps zu „How to do business in China“. Hier wird beispielsweise ein sehr hohes Maß auf „easy to use“, also eine möglichst leichte Handhabung, gelegt. Der chinesische Markt ist diesbezüglich schon sehr verwöhnt und die Akzeptanz für eine komplizierte Bedienung daher sehr gering. Außerdem wurden uns die Redewendungen „Business geht durch den Magen“ (gute Geschäftsbeziehungen setzen ein mindestens einmaliges Dinner voraus!) und „Make friends first, business comes second“ mit auf den Weg gegeben.
70 % der Buchungen werden über mobile Kanäle abgewickelt
Der nächste Stop war der chinesische Travel-Gigant C-Trip. An der Rezeption gelang es uns sofort, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen: 20 Touristiker schafften es vor lauter Neugier und Spielereien zwei Mal, den für Demonstrationszwecke ausgestellten Bildschirm lahm zu legen.
Ein Zeitstrahl veranschaulichte uns die Geschichte des 19 Jahre alten OTA’s, welches in China bereits über einen Marktanteil von 65% verfügt und global investiert. In 2016 zum Beispiel in MakeMyTrip aus Indien und ein Jahr später in den in Schottland ansässigen Meta-Searcher Skyscanner.
Nach der geschichtlichen Einführung lernten wir das Herz des Unternehmens kennen: Im Datenzentrum, einem futuristischen Raumschiff ähneldem Zimmer, erhielten wir Grafiken mit Echtzeit-Daten und durch Big-Data generierte Zukunftswerte, die die Mitarbeiter über chinesische Sprachbefehle abrufen. Im Gegensatz zu anderen OTAs hat sich C-Trip nicht auf Flug oder Hotel spezialisiert, verfügt auch über 6.000 stationäre Reisebüros, die überwiegend die Landbevölkerung bedienen sollen und ist außerdem Key-Investor bei Tujia, dem chinesischen Äquivalent zu AirBnb.
Sehr interessant war für uns, über welche Kanäle bei C-Trip Buchungen generiert werden. Dies gestaltet sich folgendermaßen:
- 70% mobil
- 20% PC
- 10% offline
Wandert man durch die Büroflure, fallen Europäern sofort die einigen, auf dem Schreibtisch schlafenden Angestellten auf. Was in unseren Unternehmen als arbeitsfaul gelten würde, ist hier hoch angesehen: Ein schlafender Mitarbeiter gilt als besonders fleißig! -> Er hat so viel gearbeitet, dass er ein Nickerchen braucht. Zu bedenken gilt es hier, dass ein chinesischer Arbeitstag weitaus mehr Stunden beinhaltet, als die im Westen übliche 9-5 – Regel. Außerdem auffällig war der für einen Tech-Konzern extrem hohe Frauenanteil und die aus westlicher Sicht sehr, sehr junge Belegschaft, die eher an eine Hochschule erinnerte als an einen Weltkonzern. Das Durchschnittsalter bei C-Trip beträgt 28 Jahre!
Künstliche Intelligenz als Staatsziel
Zum Abschluss des Tages besuchten wir Hotnest, ein deutsch-chinesisches Start-up, das uns sehr wertvolle Einblicke in die Welt Chinas aus westlicher Sicht geben konnte. Das junge Unternehmen verknüpft auf seiner Plattform durch Big Data und künstliche Intelligenz Marketing-Agenturen und deren Kunden.
Entgegen der westlichen Annahme, Daten seien in China leicht zu beschaffen, trifft dies laut Gründer Fabian von Heimburg nicht zu, denn Unternehmen sehen ihre Daten als wertvolles Gut an, welches sie nicht gerne teilen. Generell berichtet er von einem ganz anderen Umgang der Chinesen mit dem Thema „Datenschutz“. Während wir mit einer Selbstverständlichkeit unseren realen Namen mit Foto und Standort in den sozialen Netzwerken angeben, findet man in WeChat (dem chinesichen WhatsApp) Fantasie-Namen mit Bildern ohne Gesichter und falschen Standorten. Chinesen würden ihre persönlichen Daten hier niemals eintragen!
Seiner Meinung nach könnten viele chinesische Unternehmen mit einer globalen Expansion noch etwas warten, denn der lokale Markt mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern ist noch bei Weitem nicht ausgeschöpft. Der Staat ermuntert jedoch sehr zur globalen Expansion mit eigenen, chinesischen Marken!
Die Steuererklärung über Whats App
Das chinesische Pendant zu What’sApp ist WeChat, welches jedoch weitaus mehr Funktionalitäten aufweist. Hier werden Zahlungen abgewickelt und Steuererklärungen eingereicht. Außerdem zeigt die App die Geschwindigkeit, mit der in China gearbeitet wird. Gab es vor sechs Monaten noch viele eigene Apps neben WeChat, so sind die meisten Anwendungen nun als Mini-Programm in WeChat integriert. So müssen keine zusätzlichen Apps heruntergeladen werden, sondern alles wird in einer einzigen Anwendung erledigt.
Künstliche Intelligenz ist als eines der Staatsziele definiert. Start-ups aus dem KI-Bereich erhalten deshalb starke Förderungen und Zugang zu Daten. Hier genießt China einen unheimlichen Vorteil: Die immense Datenmenge der 800 Millionen chinesischen Internet-User schafft schnell die für Machine-Learning erforderliche kritische Masse.
Außerdem interessant: Zeitungen in Print-Form gibt es in China so gut wie nicht mehr. Neben den staatlich finanzierten Nachrichten spielen hier vor allem News-Channel in Verbindung mit Influencern eine große Rolle. Touotiao 100 Mio. User und 1 Mio. die Content generieren; Huffington Post
Auch berichtete er von einer unheimlich hohen Fluktuation in den Unternehmen. So sei es nicht unüblich, dass ein 25-jähriger bereits acht Unternehmen im Lebenslauf stehen hätte. Dies begründet er mit der unheimlich hohen Geschwindigkeit, mit der in China Dinge voran getrieben werden. Diese wird durch den weit verbreiteten Wunsch der Chinesen nach Veränderung und Erlangen von neuem Wissen noch bestärkt.
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