Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts
Der VIR als Verband der digitalen Touristik nimmt nachfolgend Stellung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts.
Vorab ist im Referentenentwurf herauszugreifen, dass der Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft erheblich sein wird und die im Entwurf angedachten Vereinfachungsregelungen nicht zu einer echten Arbeitsersparnis führen werden, wie in den folgenden Anmerkungen auch noch deutlicher erklärt wird. Dazu kommt, dass die Unternehmen gemäß §17 deutlichen Aufwand betreiben müssen die Daten der Anbieter gemäß diesem Gesetz zu erhalten und zu verwalten. Sie werden gezwungen weitere neue laufenden Prozesse einzuführen. Darüber hinaus müssen diese Daten gem. §19 alle drei Jahre erneut überprüft und bestätigt werden. Auch die vertraglichen Beziehungen zu den Anbietern, ob individualvertraglich oder durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, werden erheblich zu ändern sein, um Rechtssicherheit auf Seiten der Plattformbetreiber zu bekommen.
Grundsätzlich plädiert der VIR dafür, den Gesetzesvorschlag eng an den Vorgaben der EU-Richtlinie auszurichten. Vor dem Hintergrund eines enormen Bürokratieaufwuchses für die Unternehmen, insbesondere auch für solche, die europaweit agieren, ist eine Abweichung von den Vorgaben der Richtlinie eine zusätzliche Belastung, die zudem noch die Gefahr der Rechtsunsicherheit birgt. Dies gilt insbesondere auch in Hinblick auf die Einheitlichkeit bei Registrier- und Meldepflichten, sowie Inhalt, Umfang und Verfahren der meldepflichtigen Informationen.
Da die erste Meldung bereits am 31.01.2024 geliefert werden soll, ist auch der Zeitraum für die Umsetzung sehr kurz da bereits im Jahr 2023 die komplette Erfassung von Daten und Anpassungen in der IT vorgenommen werden müssen. Das ist umso schwieriger, da bisher noch keine Definition der Schnittstelle vorliegt.
Die folgenden Punkten werden im Detail herausgegriffen:
§3 Plattform: meldende Plattformbetreiber
1. Geltungsbereich Plattform auch für technische Dienstleister?
Die bisher vorliegende Definition von Plattformen könnte so verstanden werden, dass auch technische Dienstleister wie GDS (General Distribution Systems) wie z.B. Amadeus, Travelport) oder auch Traffics hier mit bestimmten Produktbereichen betroffen sind.
Diese führen im B2B-Bereich beispielsweise Hotels mit Vertriebsplattformen zusammen, indem sie Produkte von diversen Anbietern zur Auswahl stellen, Verfügbarkeiten prüfen und die Buchung durchführen, wodurch sie auch Kenntnis haben, ob eine Buchung durchgeführt wurde. Solche Systeme nutzen ebenfalls das Internet, um die einzelnen Unternehmen zusammen zu bringen.
Da das Ziel des Gesetzentwurfs nach eigenem Verständnis sicherlich nicht war, diese Systeme in den Geltungsbereich hinein zu bringen, bräuchte es hier eine Klarstellung. Ansonsten wäre jede computergestützte Buchungssoftware in der Touristik der Definition nach ein betroffenes Plattformunternehmen. Diese seit den 1980ern aktiven Buchungssysteme sollten aber wohl kaum weiter reguliert werden müssen. Die gleiche Frage stellt sich bei System der Hotellerie. Ist der Betreiber eines Hotels, das Franchisenehmer einer Hotelkette ist, auch Anbieter?
2. Problematik der Unterbuchung in der Touristik
In der Touristik ist es üblich, dass Plattformen untereinander gesourcte Produkte zur Verfügung stellen. Das kann auch über mehrere Plattformen in der Reihe stattfinden. Im bisherigen Entwurf ist nicht klar, wie damit umgegangen wird. Dies ist aber wichtig, um Doppelmeldungen oder Dreifachmeldungen zu vermeiden, denn der Leistungserbringer hat den Umsatz nur ein einziges Mal, während die Buchung durch beispielsweise drei Plattformen läuft.
So kann zum Beispiel ein Kunde auf einer Buchungsseite (A) ein Produkt (ein Hotelzimmer) buchen, dass der Anbieter (B), der seinerseits ebenfalls eine Buchungsseite unterhält, von einem Unternehmen (C) zum Vertrieb erhalten hat und der dieses Recht durch den Hotelier erhielt. Der Endkunde mag diese Beziehungen nicht erkennen,- Welches Unternehmen soll nun melden? Alle beteiligten Unternehmen? Oder nur der Partner des Hotels? Klarheit tut hier Not.
Es wäre wichtig hier nochmal eine Klarstellung in den Erläuterungen zu erhalten (das Beispiel auf Seite 44 und 45 hilft bisher nicht). Eine der Möglichkeit kann sein, dass Plattformen, die dadurch zum Anbieter werden, von der Plattform, auf der die Buchung stattfindet, dann diese vermittelnde Plattform als Anbieter meldet und nicht den Leistungserbringer. Die letzte durchführende Plattform in der Reihe würde dann den Umsatz des echten Leistungserbringenden (Nutzers) entsprechend melden und damit wäre gewährleistet, dass das Ziel dieser Regulierung erbracht wird.
3. Ausnahmeregelung mehr als 2000 Fälle relevante Tätigkeiten bei Immobilieneinheiten
Der Ansatz hier war eine Vereinfachung, da man davon ausgehen kann, dass Unternehmen in solchen Größen einer klaren Überprüfung bereits unterliegen. Für die Plattformen bedeutet dies aber nach wie vor, dass alle Daten auch für diese Unternehmen erfasst werden müssen. Corona hat uns vorgeführt, dass es Ereignisse geben kann, bei denen ein komplettes Marktversagen entstehen kann. Dies könnte dazu führen, dass in einem solchen außergewöhnlichen Jahr große Unternehmen dann doch unter diesen Werten liegen.
Zudem ist es unklar, wie mit Unternehmen verfahren wird, die in einem Konzernverhältnis stehen, oder die Franchisenehmer sind. Es mag sein, dass die Hotelkette A mehr als 2.000 Geschäftsvorfälle verursacht, nicht jedoch jedes der unter der Marke agierenden Hotels, die rechtlich selbständig sind.
Dies führt nun dazu, dass die grundsätzliche Erfassung aller möglichen meldepflichtigen Daten bei allen Nutzern immer zu erfolgen hat und nur bei der Meldung pro Jahr die Plattformen diese in den Report inkludieren oder exkludieren. Eine Vereinfachung entsteht dadurch nicht.
§11 Registrierung in Verbindung mit §12 Meldepflicht
1. Unternehmen die in mehreren EU-Ländern tätig sind
Unternehmen können sich gem. §11 entscheiden in welchem EU-Land sie sich Registrieren und gem. §12 können sie auch eine einzige Meldung der Meldepflichtigen Informationen gem. §13 in einem EU-Land abgeben.
Bisher ist aber noch nicht klar, ob alle EU-Länder wirklich die gleichen Daten verlangen (z. B. die Art der Identifikation der Objekte) und ggf. dann Daten bestimmter Länder nachgebessert werden müssen vom Portal, weil die Schnittstelle eines Landes dies Information überhaupt nicht vorsieht. Auch ist nicht klar wie in der Praxis dann bei Rückfragen bei einer einzigen Meldung aus unterschiedlichen Ländern gehandhabt werden.
Nach wie vor stellt unserer Ansicht nach eine einzige auf EU-Ebene Registrierung und Meldepflicht der Plattformen eine einzig wirklich echte Vereinfachung der Prozesse für alle Seiten dar. Auf diese könnten dann die einzelnen Länder zugreifen und das Verfahren dazu wäre tatsächlich einheitlich.
§13 Meldepflichtige Information
1. Definition Meldepflichtigen Zeitraum
In der Touristik (und gerade im Ferienhausbereich) kann es zwischen der Buchung und der Anreise erhebliche Zeitspannen geben (durchaus von einem Jahr). Deswegen ist es nicht klar, für welchen Zeitraum die Plattform bestimmte Werte melden muss. Es gibt auch Modelle, bei denen Anzahlungen bei der Buchung verlangt werden und bei Anreise die Restzahlungen geleistet werden müssen. Auch können aufgrund der langen Zeiten zwischen Buchung und Anreise, Vorgänge wieder storniert werden.
Es wäre für die Touristik sicherlich eine klarere Lösung, die zu meldenden Vergütung und anderen Werte (einbehaltene oder erhobene Gebühren, Provision oder Steuern) entweder nach Buchungsdatum oder nach Abreisedatum (was unserer Meinung die beste Variante wäre) zu melden.
Es sollte darüber hinaus klargestellt werden, dass die meldepflichtigen Informationen in § 13 GE dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 6 des Informationsfreiheitsgesetzes unterliegen. Insbesondere im Hinblick auf Informationspflichten zu Anzahl der Meldepflichten Tätigkeiten und der damit verbundenen eingenommenen Vergütungen (§ 13 Abs. 2 Nr. 9-11 GE) sind sensible Geschäftsinformationen, die unter anderem – insbesondere bei international agierenden Unternehmen – finanzrechtlichen Geheimhaltungspflichten unterliegen.
§14 Meldeverfahren
1. Schnittstelle/Datensatz
Im Entwurf steht: „Das Bundesministerium der Finanzen gibt den amtlich vorgeschrieben Datensatz im Bundssteuerblatt bekannt“.
Wichtig ist, dass dieser Datensatz schnellstmöglich den Unternehmen zur Verfügung gestellt wird. Die Struktur dieses Datensatzes hat weitreichende Auswirkungen inkl. des Aufbaus der Datenerfassungen im Frontend für die Anbieter, die die Plattformen diesen zur Verfügung stellen muss. Da dies auch noch programmiert und getestet werden muss, brauchen die Unternehmen ausreichend Vorlauf.
Auch empfehlen wir sich Testunternehmen zu suchen, mit denen diese Schnittstelle für die Datenübertragung getestet werden kann. Wir gehen davon aus, dass bei einzelnen Unternehmen erhebliche Datenmengen übertragen werden.
§17 Überprüfung meldepflichtiger Informationen
1. Mitwirkungspflicht der Portale §17 Abs. 3
Die Portale übernehmen durch diese Regulierung eigentlich eine staatshoheitliche Aufgabe. Durch die Regulierung ist auch klar, welche Daten geliefert werden, sie legt auch Plausibilitätsprüfungen der gemeldeten Daten fest. Mit diesen Informationen müsste auch jedem Finanzamt eine eigenständige Prüfung der einzelnen Anbieter möglich sein.
Der §17 Abs. 3 geht deswegen deutlich über das Ziel hinaus, denn im Falle der Annahme das diese Informationen unrichtig sind, wird das Portal nun tatsächlich zum Außenprüfer des Finanzamtes. Für die genannten Nachforderungen von Informationen und Recherchen kann und muss eine Steuerbehörde selbst in der Lage sein, sich diese zu besorgen. Die notwendig zu erhebenden Grundlagen- Informationen dazu wurden bereits im Gesetz festgelegt und von der Wirtschaft geliefert.
Über den VIR:
Der Verband Internet Reisevertrieb e.V. (VIR) ist der Interessenverband der deutschen Digital-Touristik, die laut FUR-Zahlen von 2021 rund 66 Prozent der Urlaubsreisen ab einer Übernachtung mit vorab gebuchten Leistungen ausmacht. Der VIR ist nicht nur Ansprechpartner für die Branche, sondern auch für Verbraucher, Medien und Politik. Zu den VIR-Mitgliedern gehören über 80 Unternehmen, die in der digitalen Touristik tätig sind. Sie unterteilen sich in die vier Cluster OTA, Supplier & Tour Operator, Service- & Travel Technology Provider sowie Start-up.
Zu den Aufgaben des VIR zählen auch die Nachwuchsförderung, die Unterstützung von Innovationen und Neuentwicklungen, sowie die Sensibilisierung der Touristik für wichtige Trends und Themen.
VIR-Mitglieder sind: A3M, ACCON-RVS, act, adigi, AERTicket, Allianz Travel, Amadeus Germany, Backpackertrail, Bewotec, Berge & Meer, Booking.com, BPCS Consulting Services, CamperBoys, Concardis, DER Touristik, DynAmaze, EC Travel, elysium audio solutions, ERGO Reiseversicherung, Europ Assistance, Evaneos, exfinity, expipoint, Expedia Group, faircations, , FairWeg, fanz, FerienDiscounter, FLYLA, For You Travel, GIATA, Groupon, GreenTiny Houses, Hamburg Tourismus GmbH, HanseMerkur, heymundo, HolidayCheck, HRS, Invia Group, Involatus Carrier Consulting, journaway, Juvigo, Lambus, LEGOLAND Holidays, lialo, Lohospo, Midnight Deal, Midoco GmbH, MOTOURISMO, MyCabin, MYLi, OBS OnlineBuchungsService, Passolution, Payone, PayPal, refundrebel, re:spondelligent, RightNow Group, Sabre, sailwithus, schauinsland-reisen, silverscreentours, sleeperoo, socialbnb, Solamento, Sunny Cars, taa travel agency accounting GmbH, ta.ts, team neusta, tennistraveller, tourboerse, TourOne Systems, traffics, TraSo, Trasty, travelbasys, Travelport, Travivre, TripLegend, TRIP*PERFECT, TUI, TURESPAÑA, Ucandoo, weg.de, Wirelane und Xamine.
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