Schreiben der Verbände zum aktuellen Gesetzentwurf zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie

Kommenden Mittwoch wird im Bundestag darüber entschieden, ob durch die Auswirkungen der Corona-Krise betroffene Veranstalter von Freizeitveranstaltungen dazu berechtigt werden, den Inhabern der Eintrittskarten statt der Erstattung des Eintrittspreises einen Gutschein zu übergeben.

Wir begrüßen den vorgebrachten Gesetzesentwurf der Bundesregierung, möchten jedoch noch einmal ausdrücklich auf bestehende Lücken hinweisen. Die momentane Form des Gesetzesentwurf sperrt weite Teile der Branche von der Lösung aus. Insbesondere im Hinblick auf touristische Übernachtungen, wie Ferienhäuser, Campingplätze, reine Hotelleistungen und weitere touristische Leistungen wie Bootsverleih, Mietwagen und Flughafenparkplätze spart der Vorstoß einen maßgeblichen Teil der Branche aus. Hier fehlt eine adäquate Lösung bisher komplett und benachteiligt insbesondere den touristischen Mittelstand.

Deshalb sollte die Bundesregierung allen touristischen Leistungserbringern und Vermittlern die Möglichkeit gewähren, den Verbraucherinnen und Verbrauchern Gutscheine anstelle der Barzahlung aushändigen zu dürfen. Damit seitens der Endverbraucher ein Vertrauen gegenüber diesen Gutscheinen besteht, ist jedoch eine Absicherung dieser zwingend notwendig.

Darüber hinaus ignoriert der bisherige Entwurf die Wechselwirkung im B2B-Bereich der Touristik. Für zahlreiche touristische Dienstleister wie die Technologie-Anbieter funktioniert ein Gutschein-Modell nicht. Das trifft auch für den Bereich der Provisionszahlungen zu.

Will man alle Fälle, auch die oben genannten, abdecken, stellt ein nachhaltig wirkender Fonds für Rückzahlungsverpflichtungen aus stornierten Reisen eine umfassende Lösung für die gesamte Branche und die Verbraucherinnen und Verbraucher dar.

Die Bankenkrise hat gezeigt wie die Installierung und Umsetzung eines solch wirksamen Fonds geht. Ein neuer Sonderfonds als Sondervermögen des Bundes ist notwendig. Die Reiseveranstalter lagern dorthin die Rückzahlungen an ihre Kunden aus und treten gleichzeitig die Forderungen gegenüber Leistungsträgern ab. Die Leistungsträger oder Reisevermittler könnten ebenfalls ihre Rückzahlungsverpflichtungen auslagern. Die Bundesregierung übernimmt als Schuldner. Die Reiseveranstalter, touristischen Leistungserbringer und Vermittler müssen sich wiederum verpflichten innerhalb eines angemessenen zeitlichen Rahmens von beispielsweise 10 Jahren, die Zahlungen zurückzuzahlen. Dies kann zu einem niedrigen Zinssatz von einem Prozent und einer geringen Bearbeitungsgebühr erfolgen.

Zudem sind dringend nichtrückzahlbare Zuschüsse für die gesamte Tourismusbranche erforderlich. Denn im Gegensatz zu anderen Branchen ist die Touristik aufgrund der zahlreichen Reisewarnungen und Einschränkungen im Inland, in Europa und weltweit bereits seit Ende Februar und somit rund vier Wochen vor allen anderen von den verheerenden wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Da eine baldige Wiederaufnahme des Reiseverkehrs in keinster Weise absehbar ist und zusätzlich droht, die Hauptreisezeit und somit umsatzrelevanteste Zeit des Jahres „die Sommerferien“ auszufallen, steht die Branche vor einem Kollaps.

Wir haben uns erlaubt, den aktuellen Gesetzesentwurf um einen Formulierungsvorschlag zu ergänzen, bitten jedoch unseren Vorschlag eines Sonderfonds für Rückzahlungsverpflichtungen sowie die nichtrückzahlbaren Zuschüsse ebenfalls in Betracht zu ziehen.

Gerne stehen wir als Vertreter der Touristikbranche für weitere Erläuterungen zur Verfügung. Die Touristikbranche war als eine der ersten Branchen von der Krise betroffen und wird nach aktueller Einschätzung der Lage eine der letzten Branchen sein, die ihren Betrieb wieder aufnehmen kann. Wir brauchen Hilfsmaßnahmen für die Touristik jetzt!

Die Änderung von Artikel 240 BGB durch Anfügung eines §5 soll wie folgt ergänzt werden:

Absatz 1 wird umbenannt in 1a 
 
Einfügen: 1b) Wenn eine individuell gebuchte touristische Einzelleistungen aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte oder kann, ist der Leistungserbringer oder Vermittler berechtigt, dem Gast einer vor dem 8. März 2020 gebuchten touristischen Leistung anstelle einer Erstattung des Preises oder sonstigen Entgelts einen Gutschein zu übergeben. Keine touristische Leistung im Sinne dieses Gesetzes sind Flugreisen.

(3) Der Wert des Gutscheins muss den gesamten Eintrittspreis, den Preis der touristischen Einzelleistung oder das gesamte sonstige Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebühren oder Provisionen umfassen. Für die Ausstellung und Übersendung des Gutscheins dürfen keine Kosten in Rechnung gestellt werden.

Begründung:

In der Begründung zum Gesetzentwurf wird aufgeführt, dass Veranstaltern regelmäßig bereits erhebliche Kosten für Planung, Werbung und Organisation der Veranstaltungen gehabt haben. Diese wären mit einem erheblichen Liquiditätsabfluss konfrontiert.

Zudem wird genannt, dass die Veranstalter und Betreiber infolge der Krise auch kaum laufende Einnahmen haben und dass deshalb für viele eine existenzbedrohende Situation entstanden ist.

Diese Argumente treffen ebenfalls auf alle Vermittler und Erbringer von touristischen Leistungen zu.

Alle touristischen Anbieter müssen erhebliche Investment vorab leisten in z.B. Vermarktung, Buchungsabwicklung, Zahlungsabwicklung bis hin zur Betreuung des Kunden und das weit vor dem Reisezeitpunkt des Kunden. Vermittler stellen eine attraktive und kundenfreundliche Plattform zur Verfügung, deren Attraktivität und Funktionalität stetig verbessert und auf Kundenbedürfnisse angepasst wird. Sie betreiben Vermarktung und Suchmaschinenoptimierung, die zur besseren Verbreitung des Angebots und damit zu einem erfolgreichen Abschluss einer Buchung führen, übernehmen individuelle Kundenberatung, führen Buchungen durch und kümmern sich um die weitere Kommunikation bis hin zur Betreuung des Kunden nach der Buchung.

Damit sind nicht unerhebliche Vorleistungen für Personal, davon auch eigens für die Saison eingestelltes Personal, Geschäftsräume und Technik verbunden. Dafür bekommen Vermittler eine Provision, die Teil des Gesamtpreises ist.

Durch die öffentlich-rechtliche Untersagung touristischer Leistungen sind Vermittler und Betreiber gezwungen, die bereits getätigten Zahlungen zurückzuerstatten, wodurch sie ihren Umsatz oder ihre Provision verlieren.

Zugleich können keine Ersatzbuchungen vorgenommen werden. Dies führt zu einem erheblichen Einnahmeausfall bis hin zu einem Totalausfall für den Zeitraum, in dem touristische Leistungen untersagt sind. Zugleich müssen Strukturen für die Weiterführung des Geschäfts kostenintensiv aufrechterhalten werden, da Kundenfragen, Stornierungen und Rückzahlungen zügig im Interesse der Verbraucher bearbeitet werden müssen und dafür auch keine Vergütung erhalten. Diese Umsätze lassen sich auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufholen: Ein einmal verstrichener Buchungszeitraum ist für immer verloren.

Der Abfluss von Mitteln führt bei den zumeist kleinen und mittelständischen Unternehmen zu dramatischen Folgen und Insolvenzen stehen unmittelbar bevor. Die bisherigen Hilfsmaßnahmen wie Kredite und Soforthilfen greifen aus verschiedenen Gründen oft nicht oder nur unzureichend.

Eine Insolvenzwelle von touristischen Anbietern hätte vor allem auch Folgen für den strukturschwachen ländlichen Raum, wo der Tourismus und insbesondere der Individualtourismus einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor darstellt. Darüber hinaus ist z.B. der Ferienwohnungs-, Camping- und Bootsurlaub besonders bei Familien als familiengerechte und preisgünstige Art des Urlaubs beliebt; das Massensterben von Anbietern würde das Angebot für diese Bevölkerungsgruppe massiv verschlechtern.

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