Juristisches
Bunt gemischt

BEITEN BURKHARDT informiert: Corona-Virus – die wichtigsten Fragen

Unser Beirat Prof. Dr. Hans-Josef Vogel von BEITEN BURKHARDT hat für den VIR eine juristische Einschätzung der Corona Situation in Bezug auf die Touristik vorgenommen und uns die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

1. Kann der Kunde wegen des Auftretens des Virus’ stornieren?

Der Kunde kann kostenfrei eine Pauschalreise stornieren, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Damit ist zugleich klargestellt, dass es nicht auf eine generelle Betrachtung ankommt, sondern auf eine ganz spezifische Betrachtung über die Auswirkungen des Virus’ am Ort der Reise. Eine Reise in die norditalienischen Gegenden, die unter Quarantäne stehen, wäre sicherlich mit erheblichen Beeinträchtigungen verbunden und könnte daher storniert werden. Eine Reise in eine Gegend, in der der Flugverkehr nicht mehr gewährleistet ist, wäre ebenso mit erheblichen Beeinträchtigungen versehen und könnte daher durch den Kunden kostenfrei storniert werde. Indizien sind Warnhinweise des Auswärtigen Amtes oder der WHO oder der örtlichen Gesundheitsbehörden. Nicht entscheidend ist aber die subjektive Befindlichkeit des Kunden, seine Angst oder irgendwelche Befürchtungen. Es müssen objektive Faktoren sein, die die Reise erheblich beeinträchtigen. Eine Reise nach Nord-Italien kann man also sicherlich nicht stornieren, da nicht die gesamte Region unter Quarantäne steht,

Letztlich wird es also zu einer Einzelfallentscheidung kommen müssen, ob aufgrund bestimmter Gegebenheiten die Reise erheblich beeinträchtigt ist oder die Beförderung nicht möglich ist.

Stornieren kann der Kunde im Übrigen bis zum Reiseantritt immer – aber er bekommt dann nicht den vollen Reisepreis zurück!

2. Kann der Reiseveranstalter stornieren?

Der Reiseveranstalter kann ebenfalls wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände die Reise stornieren, wenn er an der Erfüllung des Vertrages gehindert ist. Dies bedeutet, dass der Reiseveranstalter dann die Reise stornieren kann, wenn etwa ein Flugverbot besteht, oder wenn bestimmte Ortschaften gar nicht mehr erreicht werden können. Dieses Kündigungsrecht kann der Reiseveranstalter allerdings nur vor Antritt der Reise ausüben. Er kann die Reise nicht mehr nach Antritt kündigen.

3. Was passiert, wenn auf der Reise eine Erkrankung auftritt?

Der Reiseveranstalter kann die Reise in diesem Fall nicht mehr kündigen. Er ist vielmehr verpflichtet, dem Kunden Beistand zu leisten. Hierzu gehören beispielsweise Informationen über Gesundheitsdienste, Unterstützung bei der Suche nach Reisemöglichkeiten oder andere Leistungen mehr. Muss der Kunde am Zielort verbleiben, sind – jedenfalls dann, wenn die Beförderung vom Vertrag umfasst ist und aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnliche Umstände nicht durchgeführt werden kann, die Kosten für drei Übernachtungen vom Reiseveranstalter zu tragen. Dies gilt im Übrigen nicht, wenn der Reisende eine Person mit eingeschränkter Mobilität oder schwanger ist, ebenfalls ausgenommen sind unbegleitete Minderjährige oder Personen, die besondere medizinische Betreuung benötigen. Unklar ist, ob diese Einschränkung nur dann stattfindet, wenn tatsächlich das Luftverkehrsmittel oder ein anderes Verkehrsmittel nicht verkehrt oder auch dann, wenn die Beförderung aus anderen Gründen nicht möglich ist. Liegt die Beschränkung auf drei Übernachtungen nicht vor, muss der Reiseveranstalter die entsprechenden Kosten übernehmen.

4. Wie ist die Rechtslage bei Einzelleistungen?

Bei Einzelleistungen muss unterschieden werden. Kann das gebuchte Hotel tatsächlich nicht erreicht werden, weil es in einer Sperrzone liegt, so kann der Reisende nach den Vorschriften des allgemeinen Rechts vom Vertrag zurücktreten. Kann der Reisende das Hotel indes nur deswegen nicht erreichen, weil ein Zubringerflug nicht zur Verfügung steht, so ist dies das Risiko des Reisenden. Er kann vom Hotel nicht kostenfrei zurücktreten, wenn dies nicht vertraglich mit dem Hotel vereinbart ist. Im Übrigen kann der Kunde auch insoweit nicht vom Vertrag zurücktreten, wenn das Hotel etwa nur in der Nähe einer gefährdeten Zone liegt. Solange das Hotel seine Leistungen anbietet muss der Kunde die entsprechenden Leistungen auch zahlen.

5. Wie ist die Rechtslage bei Kombinationsreisen?

Auch bei Kombinationsreisen kann der Reiseveranstalter die Pauschalreise absagen. Sagt er also etwa die Kreuzfahrt ab und hat der Kunde auf eigene Faust einen Zubringerflug gebucht, so muss der Reiseveranstalter die Kosten für diesen Zubringerflug nicht erstatten.

6. Was ist allgemein zu raten?

Die derzeitige Entwicklung sollte genau beobachtet werden. Es macht keinen Sinn, bereits jetzt im Vorwege für mehrere Wochen Kündigungen auszusprechen oder über diese nachzudenken. Die Verbreitung des Virus’, die tatsächliche Ansteckungssituation und mögliche Eindämmungen stehen noch völlig offen. Tatsächlich wird man von Tag zu Tag entscheiden müssen, ob Reisen von Seiten des Veranstalters durchgeführt werden können oder ob man sich auf Kündigungen des Kunden – nicht nur aus dem Gesichtspunkt der Kundenbindung sondern auch aus rechtlichen Gründen – einlässt.

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