Digitale Bedürfnisse chinesischer Touristen in München
Studierende des Kompetenzfeldes „Digitales Marketing“ von der Fakultät für Tourismus der Hochschule München waren nicht nur auf den VIR Online Innovationstagen zu Gast sondern präsentierten den Teilnehmern der Messe auch die Erkenntnisse ihrer Forschung aus dem laufenden Semester.
Wie gut ist eigentlich die eigene Heimatstadt auf chinesische Reisende und allgemein den Quellmarkt China eingestellt? Gibt es digitale Bedürfnisse seitens der Chinesen in München, die nicht gestillt werden? Oder gibt es gar digitale Angebote an chinesische Touristen, welche nicht genutzt werden? Diese und viele weitere Fragen sowie die brennende Frage nach dem „Warum?“ beschäftigte die 23 Studentinnen und Studenten des Kompetenzfeldes „Digitales Marketing“ im Sommersemester 2018, geleitet von Prof. Dr. Ralph Berchtenbreiter, Martin Meux und Hans Simon.
Forschungsrelevanz
Passend zum Thema des diesjährigen Themenschwerpunktes „China“ auf den VIR Online Innovationstagen und analog zum Kompetenzfeld „Digitales Marketing“ haben sich die Studierenden den digitalen „Offers“ (Angebote) und „Needs“ (Bedürfnisse) für und von chinesischen Reisenden in München gewidmet. Die Konzentration auf München liegt dem Standort der Hochschule zugrunde, die Primärerhebungen waren somit örtlich beschränkt, wobei Rückschlüsse auf Gesamtdeutschland möglich wären. Um ein einheitliches Bild des chinesischen Reisenden generieren zu können und eventuelle Fragestellungen aufzuwerfen, wurde Sekundärliteratur herangezogen. Dort fanden die Studierenden folgende Situation vor:
- In der Fachliteratur sowie im World Wide Web sind nur sehr wenige an die chinesischen Reisenden gerichteten digitalen Offers zu finden oder gar näher beschrieben und
- Die digitalen Needs der chinesischen Touristen sind innerhalb der Sekundärliteratur selten näher beschrieben oder variieren stark voneinander.
Es kam der Verdacht auf, dass die touristischen Einrichtungen in München nicht genau Bescheid wüssten, was die digitalen Bedürfnisse der chinesischen Besucher seien und dementsprechend auch nicht, welche digitalen Angebote bereitgestellt werden sollten. Es ist somit sehr wahrscheinlich, dass Angebote existieren, deren kein tatsächliches Bedürfnis gegenübersteht. Das Offer verbleibt somit ungenutzt und ist höchstwahrscheinlich mit Kosten verbunden, die keinen Nutzen einbringen. Auf der anderen Seite besteht die Möglichkeit, dass Chinesen digitale Needs haben, die nicht mit Offers befriedigt werden, was wiederum ungenutztes Potenzial und nicht vollends zufriedene Gäste bedeutet.
Methodik
Es wurden insgesamt sechs Schwerpunkte gebildet: Event, Gastronomie, Hotellerie, Infrastruktur, Quellmarkt China & Incoming Agenturen und Shopping. Innerhalb dieser Gruppen betrieben die Studentinnen und Studenten im ersten Schritt Sekundärforschung und recherchierten in bereits vorhandenen Informationsquellen zum Thema chinesische Reisende in Deutschland bzw. München sowie deren digitale Bedürfnisse (Needs) und die bereits vorhandenen digitalen Angebote (Offers). Daraufhin wurde pro Gruppe eine primäre Erhebungsmethode ausgewählt, überwiegend wurden Experteninterviews durchgeführt. Für die Interviews wurden Leitfäden anhand von Fachliteratur vorbereitet. Unter anderem standen den Gruppen CAISSA Touristic, Allianz Arena München Stadtion GmbH, Messe München, Melia Innside München Schwabing, Novotel München Messe, Zwilling J.A. Henckels, die Drogerie Müller sowie das Hofbräuhaus Rede und Antwort. Im Nachgang wurden die Experteninterviews ausgewertet, mit den Ergebnissen der Sekundärforschung verglichen und dann auf dieser Grundlage Vermutungen bzw. Hypothesen aufgestellt.
Einblick in die Ergebnisse
Event: Bisher spielt das Thema Sprachbarriere keine ausschlaggebende Rolle, da der Fokus hauptsächlich auf Gruppenreisen liegt. Durch die Einführung von Alipay und WeChat könnte der Kaufprozess jedoch erleichtert werden und so eine Steigerung der Attraktivität des Angebots erreicht werden.
Gastronomie: Die chinesischen Touristen sind sehr interessiert an der bayerischen Esskultur. Sprachbarrieren sind in der Regel kein großes Problem, da die Gerichte bereits im Voraus über den Reiseveranstalter vorbestellt werden. Generell wird noch nicht spezifisch auf die chinesischen Touristen eingegangen.
Hotellerie: Die Münchner Hotellerie ist noch nicht explizit auf den chinesischen Markt eingestellt. Die durch Sekundärrecherche ermittelten Needs der chinesischen Touristen werden größtenteils nicht durch passende Offers gedeckt, wie die Primärrecherche ergeben hat. Problematisch ist, dass die Aufmerksamkeit der Hotellerie gegenüber dem Quellmarkt China erst steigt, wenn eine bestimmte Anzahl an chinesischen Gästen erreicht ist. Die Hotels sollten sich jedoch proaktiv auf den Anstieg der chinesischen Gäste vorbereiten, insbesondere in den Teilbereichen Informationsdistribution und Hotelausstattung.
Infrastruktur: Chinesen sind digitalen Entwicklungen gegenüber sehr aufgeschlossen, solange diese nutzerfreundlich sind. Sie gelten als die erste „Smartphone Only“ Gesellschaft[1], mobiles Internet bzw. Wifi stellt daher ein digitales Grundbedürfnis für sie dar. Aktuell sind Hotspots in München noch nicht in ausreichender Zahl vorhanden. Chinesen ziehen die Integration neuer Anwendungen in vorhandene Apps der Installation neuer Apps vor, worin wohl der Erfolg von WeChat zugrunde liegt.
Quellmarkt China & Incoming Agenturen: Für Reisende aus dem Festland China nach Deutschland ist ein Visum nur über ein Reisebüro zu bekommen, da dieses als Gruppenvisum beantragt wird. Daher gibt es im Urlaubsreisesegment bis auf wenige Einzelfälle ausschließlich nur Gruppenreisende aus Festland-China.
Shopping: Shopping ist eine der Hauptaktivitäten der chinesischen Reisenden in Deutschland. Die beliebtesten Produkte sind Lebensmittel (56%), Kleidung (39%), Drogerieartikel (26%) und Haushaltswaren (24%). Im Schnitt besuchen die Chinesen 4,2 Geschäfte am Tag und geben bei Kurzreisen durchschnittlich etwa 613€ pro Person und pro Tag für Shopping aus.[1]„Made in Germany“ ist klar die Lieblingsmarke des chinesischen Touristen.[2]Marketingmaßnahmen sollten sich auf den Onlinebereich konzentrieren, um Chinesen bereits vor ihrer Ankunft in Deutschland zu erreichen.[3]Dazu gehört es insbesondere, die Webseite zu übersetzen und Apps wie WeChat für Promotion Aktionen zu nutzen..
Fazit
Durch die vorangehende Sekundärrecherche und die darauffolgende Primärerhebung konnten sich einige Annahmen erhärten oder sogar bestätigen. Ein Booklet mit der Zusammenfassung der Forschungsergebnisse und Key Learnings wird zurzeit vom Kompetenzfeld erstellt und voraussichtlich im Laufe des Monats Juli veröffentlicht. Bei weiteren Fragen und Anregungen freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme!
Die Studentinnen und Studenten des Kompetenzfeldes möchten sich an dieser Stelle sehr herzlich für die Möglichkeit, an den VIR Online Innovationstagen teilzunehmen und auch in diesem Rahmen unsere Ergebnisse präsentieren zu dürfen, bedanken. Unser besonderer Dank gilt Michael Buller, Lara Hass, Astrid Steiner und Ida Stillner für das Vertrauen und die Unterstützung.
Text: Nina Thoma, B.A. Tourismusmanagement, Hochschule München, Kontakt: nthoma@hm.edu
Literatur
Trentmann, N. (2016): Viele Chinesen sind ohne Smartphone nicht lebensfähig. Online abrufbar: Welt. URL: https://www.welt.de/wirtschaft/article155093947/Viele-Chinesen-sind-ohne-Smartphone-nicht-lebensfaehig.html[Zugriff: 27.06.2018]
O.V. (2016): Einkaufsverhalten chinesischer Gäste in München 2016. Online abrufbar: Handelsverband Bayern. URL: https://www.hv-bayern.de/veranstaltungen/termine/Einkaufsverhalten-chinesischer-Gaeste.pdf[Zugriff: 27.06.2018]
Holowiecki, C. (2017): Hauptsache „made in Germany“: Messer locken chinesische Touristen. Online abrufbar: Südwest Presse Online. URL: https://www.swp.de/suedwesten/staedte/stuttgart/hauptsache-_made-in-germany_-23537771.html [Zugriff: 28.06.2018]
O.V. (2017): Chinese International Travel Monitor. Online verfügbar: ipsos.com. URL:https://www.ipsos.com/sites/default/files/ct/publication/documents/2017-08/CITM_2017_Report_English.pdf[Zugriff: 27.06.2018]
[1]Vgl. Trentmann, N. (2016): Viele Chinesen sind ohne Smartphone nicht lebensfähig.
[2]O.V. (2016): Einkaufsverhalten chinesischer Gäste in München 2016.
[3]Holowiecki, C. (2017): Hauptsache „made in Germany“: Messer locken chinesische Touristen.
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