Juristisches

Politische Forderungen des VIR zur Digitalisierung für die Legislaturperiode 2017-2021

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Smiling business people closing a deal against a white background

• Für einen zeitgemäßen Rechtsrahmen – mehr Offenheit für die Internetwirtschaft

• Keine nationalen Alleingänge – für einen gemeinsamen digitalen Binnenmarkt

• Für eine sinnvolle Bündelung von Zuständigkeiten für digitale Politik

Die Touristik-Branche setzte bereits in den frühen Phasen des globalen Internetaufschwungs die abstrakten technischen Möglichkeiten der Digitalität in konkrete Vorteile für die Verbraucherinnen und Verbraucher um. Reisende konnten fortan in Eigenregie das Angebot an Flügen, Hotels, Mietwagen, Ferienwohnungen, Last-Minute-Reisen, Pauschalreisen sowie Kreuzfahrten gezielt durchsuchen, Preise vergleichen, individuelle Urlaubspakete zusammenstellen und diese am Ende auch völlig selbstständig buchen.

Das Online-Segment der Reisebranche gewann damit immer mehr Kund*innen für sich: Der Anteil der Deutschen, die digitale Kanäle zur Buchung von Urlaubsreisen nutzen, stieg von gerade einmal 4 Prozent im Jahr 2001 auf über 40 Prozent im Jahr 2016.

In einzelnen Bereichen (z. B. bei Verkehrsmittelbuchungen) macht der Anteil der Onlinebuchungen sogar über 70 Prozent aus. Darüber hinaus bestätigen aktuelle Zahlen, dass das Online-Segment der Wachstumstreiber im gesamten Reisemarkt ist. Die Reisebranche zählt somit zu jenen Wirtschaftszweigen, welche die Digitalisierung bereits erfolgreich in die Mitte der Gesellschaft getragen haben.

Auch zukünftig wird die Touristik die digitalen Entwicklungen und deren Innovationszyklen im deutschen und europäischen Kontext mitbestimmen, solange die passenden Rahmenbedingungen hierfür existieren. Diese zu gestalten, ist eine der großen politischen Aufgaben in den kommenden Jahren. Dazu bringen wir gerne unsere Expertise mit ein.

Digitale Plattformen – ein zeitgemäßer Rechtsrahmen für neue und etablierte Marktteilnehmer

Die digitale Transformation ist im vollen Gange und sie sorgt für einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel. Digitale Plattformen bieten Wirtschaft und Gesellschaft wichtige Vorteile. Bereits 2016 hat die Europäische Kommission festgestellt, dass es die „richtigen Rahmenbedingungen und ein geeignetes Umfeld“ benötigt, damit in Europa „neue Online- Plattformen entstehen, wachsen und sich etablieren können.“ In erster Linie zählt dazu ein funktionierender digitaler Binnenmarkt.

Um auch in Europa verstärkt von den Möglichkeiten von Digitalen Plattformen zu profitieren, bedarf es klaren, eindeutigen Regeln, die auf dem Prinzip des fairen Wettbewerbs basieren. Gleichzeitig müssen bisherige Rechtrahmen für traditionelle Geschäftsmodelle überdacht und an die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Dabei sollte das Prinzip der Proportionalität die Grundlage für jedwede Regelung sein. Zudem sollte neuen Geschäftsmodellen, zum Beispiel in der Sharing Economy, grundsätzlich mehr Offenheit entgegengebracht werden. Sie beleben den Markt mit Innovationen, sprechen neue Nutzerschichten an und bieten eine hohe Flexibilität, um den individuellen Wünschen der Kunden wie auch der Anbieter gerecht zu werden und sich schnell auf wandelnde Erfordernisse einzustellen.

Auch sollte das Prinzip der Selbstregulierung nicht außer Acht gelassen, sondern gestärkt werden. Bereits 2012 wurde beispielsweise von der Europäische Kommission eine Multi-Stakeholder Group zum Thema Vergleichsplattformen ins Leben gerufen. Diese Gruppe hat die „Key principles for comparison tools“ entwickelt, die im Mai 2016 vorgestellt wurden. Unser europäischer Schwesterverband European Technology & Travel Services Association (ETTSA) war intensiv an der Ausarbeitung beteiligt. Solche Initiativen sind Vorbild und sorgen für mehr Sicherheit bei den Verbraucher*innen und den Plattformbetreiber*innen. Die zukünftige Bundesregierung sollte sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass solche Selbstregulierungsmaßnahmen gestärkt und besser anerkannt werden.

Transparenz und Nachvollziehbarkeit – Level Playing Field zwischen den Vertriebskanälen

Diensteanbieter im Internet besitzen ein eigenverantwortliches Interesse an ausreichend Transparenz und Informationsmaßnahmen.

Unstrittig ist, dass die Rechte der Verbraucher*innen sowohl in der „analogen“ als auch in der „digitalen“ Welt Anwendung finden müssen. Ein weit verbreitetes Missverständnis ist allerdings die häufig vorgenommene Trennung von „digitalen“ und „klassischen“ Märkten und die damit verbundene Forderung nach zusätzlichen Transparenzstandards.

Es besteht keine Rechtfertigungsgrundlage für eigene Regulierungsstandards für den digitalen Vertriebskanal. Hierdurch würde innerhalb desselben Marktes ein unfairer Wettbewerb zwischen klassischen und digitalen Anbietern geschaffen werden. Dies wiederum erschwert den Marktzugang und verhindert Innovationen.

Innovation und Datensouveränität – für einen modernen Datenschutz

Daten spielen eine wichtige Rolle bei der Digitalisierung– sowohl als Produkt als auch als Antrieb des Digitalisierungsprozesses. Je fortgeschrittener der Prozess, desto mehr Daten werden zwangsläufig generiert und desto dringlicher wird auch die Frage nach ausreichenden Datenschutzstandards.

Die Verabschiedung der europäischen Datenschutzgrundverordnung und deren Umsetzung in nationales Recht war diesbezüglich ein erster wichtiger Schritt. Dieses Recht muss zukünftig aber auch konsequent umgesetzt werden. Andernfalls bedeutet dies einen großen Wettbewerbsnachteil für EU-Unternehmen sowie Unsicherheiten bei Verbraucher*innen.

Derzeit wird auf europäischer Ebene die E-Privacy-Verordnung verhandelt, welche die E-Privacy- Richtlinie ablösen und für eine weitere Harmonisierung des Datenschutzrechtes sorgen soll. Um unnötigen bürokratischen Mehraufwand zu vermeiden, sollte sich die neue E-Privacy-Verordnung eng an der Datenschutzgrundverordnung orientieren und diese an den nötigen Stellen ergänzen. Die zukünftige Bundesregierung sollte sich hier auf europäischer Ebene für eine praktikable Lösung einsetzen.

Eine zukünftige Datenpolitik muss das Recht auf Privatsphäre der Verbraucher*innen schützen. Sie darf aber auch das durch Big Data gebotene wirtschaftliche Potenzial, , nicht ausschließen. Es ist Aufgabe der nächsten Bundesregierung, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die zukünftigen Entwicklungen vorzugeben. Zudem sollte sich die zukünftige Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Regelungen auf internationaler Ebene ergänzt werden. Dies sollte nicht nur transatlantische Abkommen beinhalten, sondern insbesondere auch Abkommen mit den großen Wirtschaftskräften im asiatischen Raum wie China und Indien.

Des Weiteren muss konsequenter gegen Internetkriminalität vorgegangen werden – zum Schutz von Verbrauchern und Unternehmen gleichermaßen. Die Zahlen der Betrugsfälle steigen immens. Die Folge sind große wirtschaftliche Schäden. Dem Entgegenzuwirken geht nur durch eine stärkere und bessere personelle sowie technische Ausstattung der Sicherheitsbehörden.

Ein höherer Stellenwert der Digitalisierung in der Politik

Die Digitalisierung ist und bleibt ein richtungsweisendes Thema. Die Diskussion, ob nun ein eigenes Digitalministerium oder ein*e für dieses Thema im Kanzleramt angesiedelte*r Staatsminister*in die Probleme der häufig fehlenden Koordinierung besser lösen kann, verfolgen wir mit Spannung. Zentral ist für uns jedoch, dass dem Thema Digitalisierung, unabhängig davon, welche institutionelle Lösung den Vorzug bekommt, ein höherer Stellenwert beigemessen wird. Die Digitalisierung ist ein Megatrend voller Chancen, welche wir alle gemeinsam nutzen sollten.

Zudem empfehlen wir einen institutionalisierten, regelmäßigen Austausch zwischen der Politik und der Digitalen Wirtschaft. Ein solcher Austausch könnte beispielweise durch einen Beirat für Digitalisierung erfolgen, der die Bundesregierung in allen Sachen der Digitalisierung berät und unterstützt. Vorbild ist hier der Tourismusbeirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Gerne bringt der VIR seine Expertise in einen solchen Beirat für Digitalisierung mit ein. Überdies sollte auch die Arbeit des Tourismusbeirates in der aktuellen Legislaturperiode weitergeführt werden.

Digitale Infrastruktur – Für einen flächendeckenden Breitbandausbau

Dem schnellen Ausbau der digitalen Infrastruktur sollte in der kommenden Legislaturperiode größtmögliche Bedeutung beigemessen werden. Ohne schnellen Internetzugang ist keine Teilhabe an der digitalen Gesellschaft möglich. Zudem ist die flächendeckende Breitbandversorgung Voraussetzung dafür, dass die deutsche Wirtschaft international wettbewerbsfähig bleibt. Wichtiger Bestandteil des Ausbaus der digitalen Infrastruktur ist insbesondere die Beibehaltung der Netzneutralität.

Start-up Förderung – Wachstumstreiber Unternehmensgründungen

Deutschlands Wirtschaft braucht innovative und visionäre Unternehmen. Sie schaffen Arbeitsplätze und sind ein wichtiger Bestandteil der Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Damit Deutschland für Unternehmensgründer*innen attraktiv ist, müssen die bürokratischen Hürden jedoch massiv abgebaut werden. Behördengänge und -prozesse sollten, wo möglich, digitalisiert werden. Damit es für Investoren ansprechender wird, in deutsche Start-ups zu investieren, müssen die Bedingungen insbesondere für den Zugang zu Wagniskapital verbessert werden. Hierzu bedarf es insbesondere einer steuerrechtlichen Anpassung. Als Weichenstellung für die Zukunft müssen junge Menschen schon früh an das Thema Unternehmensgründung herangeführt werden, beispielweise durch die Einbindung des Themas in Lehr-und Hochschulpläne. Hier bedarf es auch mehr Unterstützung für studentische Gründer*innen durch die Hochschulen. So sollten Studierende die Möglichkeit haben, für Gründungen Urlaubssemester zu nehmen.

Wir hoffen, mit unseren Ausführungen einen konstruktiven Beitrag zur Diskussion um die zukünftige Digitale Ausrichtung der neuen Bundesregierung zu leisten. Wir sind sehr daran interessiert, mit Ihnen in den Austausch zu treten und stehen jederzeit gerne mit unserer Expertise bereit.

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