Michis Thema der Woche

Das Ding mit der Digitalisierung und dem Feenstaub

Michael Buller - Vorstand des Verband Internet Reisevertrieb e.V.Man möge sich vorstellen, das Geschäftsmodell des Einzelhandels wird unter die Lupe genommen und dabei stellt man fest, er hat tatsächlich nicht alle Produkte, die es im Markt gibt, in seinem Sortiment. Darüber hinaus ist man verwundert, dass der Einzelhändler tatsächlich an den Waren, die er ins Regal stellt, Geld verdienen will.

Aus diesem Grund will man mehr Transparenz erreichen und es werden folgende Forderungen laut:

a) Der Anbieter muss an seiner Tür ein Schild anbringen, welche Artikel er nicht im Sortiment hat (AEG Waschmaschinen heute nicht im Sortiment)
b) Der Anbieter muss an seiner Tür ein Schild anbringen, welche Firmen noch dazu gehören (nach dem Motto, wenn Sie hier bei Media Markt sind und vorher bei Saturn Hansa waren…sparen Sie sich das, wir gehören gemeinsam zur Metro Gruppe).
c) Im Laden muss eine Einweisung erfolgen, die genau erklärt, warum welches Produkt wo steht (Wir haben den Fernseher in die erste Reihe gestellt, weil wir der Meinung sind, dass Sie dieses Gerät am meisten interessiert).
d) Die Margen müssen offengelegt werden (bei dieser Waschmaschine verdienen wir 60%, während wir bei der daneben nur 50% bekommen).

Der Aufschrei der Einzelhändler wäre sicherlich ziemlich groß, neben einem großen Unverständnis des Verbrauchers, wofür solche Regeln geschaffen werden sollen. Genau das wird aber, seitdem eine bestimmte Verbraucherstudie auf dem Markt ist, gerade für den Online Bereich diskutiert. Im Februar wurde durch die Verbraucherzentralen im Rahmen des Marktwächter (Digitale Welt) eine 80 Seiten lange Studie zum Thema Buchungs- und Vergleichsportale veröffentlicht.

In der Studie hatte man den Ansatz, Vergleichsportale (Energie, Telekommunikation und Flugreisen) zu testen, um zu sehen, ob sie so funktionieren wie die Verbraucherzentralen sich das eben vorstellen.

Vorweg gesagt: das ganze Thema hat im Test nicht gut abgeschnitten – zumindest wenn man das so sieht, wie die Verbraucherzentralen! Denen muss man eigentlich den Vorwurf machen, dass sie durchaus Insider hätte fragen müssen, um zu verstehen, warum das angestrebte Ziel des Test nicht erreicht werden konnte.

Ich will nicht verschweigen, dass es einen Punkt gibt, den ich komplett nachvollziehen kann und die Kritik berechtigt war i.S. Endpreise (dafür gibt es einen guten gesetzlichen Rahmen, den man durchsetzen muss). Aber der Rest der Vorwürfe i.S. Flugreisen ist, wenn man das Hintergrundwissen hat und wenn man dies auch mit der analogen Welt gleich setzt, schon ziemlich befremdlich (denn dort finden die gleichen Dinge statt, ohne dass ein Vorwurf daraus entsteht).

Ein Vorwurf z.B. lautet: Portale bieten angeblich erst mal keinen umfassenden Marktüberblick und angeblich werden Airlines aufgelistet, die keine Provision bezahlen z.B. Ryanair. Nun die Fachleute unter uns wissen, wenn das so wäre, dann hätten wir  überhaupt kein Produkt mehr – denn keine Airline zahlt dem Vermittler heute noch eine Provision.

Das ist auch der Grund für den 2ten Vorwurf, dass manchmal die Preise nicht immer gleich sind wie bei der Airline.
Die Branche kennt das Problem durch die neu erhobene Gebühr, die die Lufthansa seit letztem Jahr (gebucht via notwendigen GDS) auf den Preis, den sie selber verlangt, beim Vertrieb aufschlägt und ihn damit unserer Meinung nach auch benachteiligt. Die Verbände waren dafür sogar vorstellig beim Bundeskartellamt.

Erstaunlicherweise wurden in der Studie auch Metasearcher (wie Swodoo, Kajak ) und Online Portale (wie Opodo, Expedia) in einem Topf geschmissen. Beide haben ganz grundsätzlich andere Geschäftsmodelle und während der Metasearcher reine Markttransparenz schaffen möchte und deswegen alle Anbieter anzeigt, ist der Andere ein digitales Reisebüro, das sich sein Produktsortiment aussucht (z.B. nach Qualitätskriterien). So wie eben ein Ladenbüro auch – aber dort scheint dies allerdings kein Problem zu sein.

Auch wurde bemängelt, dass einige Portale zur selben Unternehmensgruppe gehören, was eigentlich eher etwas mit Zielgruppenansprache zu tun hat, als mit Täuschen. Das ist auch in der analogen Welt so. Oder ist es so ein Geheimnis, dass wenn wir zu Media Markt gehen, dieser zur Metro Gruppe gehört und diese wiederum auch die Marke Saturn Hansa betreiben?

Das Fazit der Studie ist, dass man nun mehr Transparenz braucht und da stimme ich voll zu, nur erwarte ich diese Transparenz an anderer Stelle. Denn wenn Verbraucherschützer nach Transparenz schreien, dann geht es um gesetzliche Regelungen, die die Politik bitte umsetzen soll. Ich würde mir allerdings eine Transparenz wünschen, die dieses Themen im Vorfeld genauer beleuchtet und dass Fachleute eingebunden werden, die Licht ins Dunkle bringen können.

Mein Eindruck nach einigen Artikeln in dieser Sache ist, dass man Forderungen an die digitale Welt stellt, die man der analogen Welt nie stellen würde. Das liegt scheinbar darin, dass man glaubt, es handelt sich hierbei um Magie, die man mittels Feenstaub und Zauberstab einsetzt. Richtig ist allerdings, dass man Technologie einsetzt, die ein Geschäftsmodell von der analogen Welt in die digitale Welt transferiert und dabei oft noch verbessert.

So ähnlich wird übrigens auch auf die Share Economy reagiert. Seit dem 1. Mai gilt nun in Berlin ein radikales Verbot für die Vermietung von Räumlichkeiten ohne Genehmigung als Ferienwohnung (dafür wurde sogar ein Denunzianten Portal eingerichtet).

Der Hintergrund ist angeblich die Wohnungsnot, die sich durch die Share Economy verschärfen soll. Mit ermittelten Fakten hat das meiner Ansicht nach kaum etwas zu tun. Lt. Statistik gibt es in Berlin 2,5 Mio. gemeldete Einwohner und wenn wir den Durchschnitt von 2,5 Personen pro Haushalt annehmen, sind das 1 Mio. Wohnungen. Angeblich hat ein Anbieter wie Airbnb 20Tsd Objekte in Berlin, was gerade mal 2% wären. Wie diese den Wohnungsmarkt behindern sollen, ist mir schleierhaft. Denn der Regelfall ist sicherlich, dass man ein Zimmer gelegentlich vermietet und damit die Wohnung ohne diese Aktivität auch so oder so nicht auf den Markt käme.

Eigentlich hat Deutschland eine digitale Agenda, in der die Digitalisierung doch gefördert werden soll. Tatsache ist allerdings, dass man auf Grund falscher Vorstellungen über den digitalen Bereich, immer mehr mit neuen Forderungen und Verboten reagiert und das hat mit Förderung so gar nichts zu tun. Gesetze oder Forderungen müssen übrigens für alle gelten, also egal ob digital oder analog und spätestens hier kommt man manchmal zur Erkenntnis, dass man über das Ziel hinaus schießt.

VIR Vorstand Michael Buller

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