Politisches Streben im deutschen und europäischen Raum

Die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist schon seit jeher ein zentrales Thema, unter anderem bei politischen Bestrebungen. So fand bereits 1992 die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro statt, bei der die nachhaltige Entwicklung als globales Leitprinzip manifestiert wurde. 2015 veröffentlichten die Vereinten Nationen 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, welche weltweit für alle Staaten Geltung finden und Teil der Agenda 2030 sind. Diese so genannten Sustainable Development Goals (SDGs) umfassen insbesondere die drei Nachhaltigkeitsdimensionen. Die Vielfalt der darin enthaltenen Ziele verdeutlicht, dass Nachhaltigkeit noch immer zu den größten Herausforderungen der Menschheit zählt und gleichzeitig unheimlich viel Entwicklungspotenzial bietet. Die Dimensionen sind dabei nicht isoliert zu betrachten, sondern beeinflussen sich wechselseitig, sodass Nachhaltigkeitsfragen stets unter Beachtung weiterer Interdependenzen beantwortet werden sollten.

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

Cradle to Cradle

Etabliert ist seit vielen Jahrzehnten das Prinzip der linearen Wirtschaft, bei der Ressourcen gewonnen, in die Produktion von Gütern und Dienstleistungen eingebracht und nach der Verwendung entweder direkt entsorgt oder aufwändig recycelt werden. Doch für eine bessere Ökobilanz braucht es eine Wende. Dies wird mit dem so genannten “Cradle to Cradle”-Prinzip (C2C) angestrebt. Entwickelt in den 1990´ern setzt sich dieses innovative Konzept in der Wirtschaft zunehmend durch, denn Kreislaufwirtschaft, wie es sich ins Deutsche übersetzen lässt, richtet sich an den gesamten Prozess von der Produktion bis hin zu den Verbraucher*innen. Vielmehr soll ein Kreislauf geschaffen werden, bei dem nichts verloren geht und alle Ressourcen ohne Qualitätsverlust wiederverwendet oder in einem anderen Kreislauf eingesetzt werden können. Stattdessen sollen alle Materialien ohne Qualitätsverlust wiederverwendet werden können

Fit for 55

2020 umfasste der Treibhausgasaustoß der EU rund 3,4 Milliarden Tonnen an CO2-Äquivalenten (Statistisches Bundesamt, 2023). Dabei sind andere schädliche Emissionen und sonstige negative Auswirkungen des Wirtschaftens noch nicht einmal berücksichtigt. Mit 37 % des internationalen Reiseaufkommens im Jahr 2019 (Statista, 2023) trägt sicherlich auch der Tourismus nicht unwesentlich dazu bei. Zahlen, die aufhorchen lassen und Lösungen erforderlich, ja langfristig sogar umumgänglich machen.

Aus diesem Grund postuliert die EU im europäischen Klimagesetz die Nettotreibhausemissionen bis 2030 um mindestens 55 % senken zu wollen, um durch rechtliche Verpflichtungen die Klimaziele zu erreichen und schließlich bis 2050 klimaneutral zu agieren. Der Titel des Pakets “Fit for 55” leitet sich also aus den Zielen ab. Erreicht werden sollen diese mithilfe von Rechtsvorschriften, Initiativen und Maßnahmen, die sich aus einer Vereinbarung des EU-Rats und des Europäischen Parlaments ableiten, welcher auf eine Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der EU, faire Wettbewerbsbedingungen aller Länder sowie eine Vorbildfunktion der EU im globalen Kampf gegen den Klimawandel sowie  abstellt.

Was alles bereits jetzt möglich ist zeigt Google in seiner Vorbildfunktion als eines der GAFAM-Unternehmen (Google, Amazon, Facebook/Meta, Apple, Microsoft). Schon seit 2007 ist das Unternehmen klimaneutral, bis 2030 sollen alle Rechenzentren rund um die Uhr CO2-frei mit Strom versorgt werden.

Doch nicht nur mit technologischen Neuerungen müssen Fortschritte beim Thema Nachhaltigkeit gemacht werden. Die gesamte Branche sieht sich mit dem zunehmenden Druck durch Reisende konfrontiert, nachhaltiger zu agieren und Produkte dahingehend anzupassen, denn vor allem bei Umsatzriesen der Branche, wie der Kreuzfahrtindustrie oder dem Fliegen, ist dies mittlerweile die Aufgabe Nummer 1 der aktuellen Zeit. Doch die Touristik stellt sich dieser und findet starke Lösungen.

Nachhaltigkeit bei der UNWTO

Die UNWTO (United Nations World Tourism Organization) postuliert, dass nachhaltige Entwicklungsziele und -maßnahmen auf alle Tourismusformen projizierbar sind, indem mindestens die drei Nachhaltigkeitsdimensionen geachtet werden. Sie setzt sich daher weltweit in besonderem Maße für einen nachhaltigen Tourismus ein. Dazu zählen Maßnahmen wie die Förderung von umweltfreundlichen Transportmitteln, die Unterstützung von lokalen Gemeinschaften und die Sensibilisierung von Touristen für Umwelt- und Kulturschutz. Die Organisation setzt sich auch für den Schutz gefährdeter Tier- und Pflanzenarten sowie für den Erhalt kultureller Erbe- und Naturstätten ein. Die UNWTO arbeitet eng mit Regierungen, NGOs und der Tourismusindustrie zusammen, um nachhaltige Entwicklung des Tourismus zu generalisieren und negative Auswirkungen zu minimieren. Dafür wurde beispielsweise das “Committee On Tourismus and Sustainability” (CTS) gegründet.

“Tourism that takes full account of its current and future economic, social and environmental impacts, addressing the needs of visitors, the industry, the environment and host communities”

EU-Taxonomie

Der “Europäische Green Deal” der EU-Kommission von 2020 ist nicht nur im Tourismus in aller Munde, sondern soll für Unternehmen aller Größen und Branchen gelten. Ziel ist der so genannten EU-Taxonomie ist es, eine Nachhaltigkeitsklassifizierung für alle Aktivitäten und Prozesse über alle europäischen Wirtschaftsakteure hinweg zu etablieren, um schließlich übergeordnet mehr Transparenz und günstigere Bedingungen für klima- und umweltfreundlicheres Wirtschaften in der EU zu schaffen sowie untergeordnete Ziele wie zum Beispiel der Verlagerung von Investitionen, Co2-Verringerung oder Anpassung an den Klimawandel langfristig zu erreichen. Bezogen auf letztere beiden sind seit dem 1. Januar 2022 umfassende Berichtspflichten wesentlicher Bestandteil der Taxonomie. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der “Corporate Social Responsibility” (CSR) von Unternehmen, welche ihre gesellschaftliche Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften nachzuweisen müssen.

Politische Zielsetzungen in Deutschland

Es gibt mehrere politische Beschlüsse und Initiativen in Deutschland zur Förderung von Nachhaltigkeit im Tourismus. Hier sind einige Beispiele:

Nationale Tourismusstrategie: Im April 2019 hat die Bundesregierung die “Nationale Tourismusstrategie” verabschiedet, die unter anderem die Nachhaltigkeit als einen wichtigen Pfeiler des Tourismus in Deutschland definiert. Nach drei herausfordernden Jahren erweiterte man 2022 die Strategie zudem um weitere Eckpunkte, um den notwendigen Fokus auf Zukunft nicht zu verlieren. Die Nationale Tourismusstrategie in Deutschland hat das Ziel, den Tourismus als Wirtschaftsfaktor zu stärken und gleichzeitig nachhaltig zu gestalten. Konkret sollen bis 2030 die Übernachtungszahlen und der Anteil internationaler Gäste erhöht werden, indem insbesondere die digitale Infrastruktur ausgebaut und das touristische Angebot weiter diversifiziert wird. Gleichzeitig sollen Umweltbelastungen minimiert und die soziale Verantwortung im Tourismus gestärkt werden. Dazu gehören unter anderem die Förderung von nachhaltigen Reiseangeboten und die Sensibilisierung der Gäste für umweltfreundliches Verhalten und den Innovationsgedanken.

Nachhaltige Tourismusstrategie 2025: Die einzelnen Länder verfolgen parallel zu den nationalen Bestrebungen des Weiteren noch individuelle Strategien, die spezifisch auf ihre Gegebenheiten ausgerichtet sind. Deren Strategien zielen darauf ab, den Tourismus vor Ort so zu gestalten, dass er die Umweltbelastungen minimiert, die lokale Wirtschaft unterstützt und den Bedürfnissen der Einheimischen und der Touristen gleichermaßen gerecht wird

Förderung von nachhaltigen Destinationen: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert im Rahmen des Programms “Wirtschaftsnahe touristische Infrastruktur” nachhaltige Destinationen in Deutschland. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit von touristischen Regionen zu stärken und den nachhaltigen Tourismus zu fördern.

Klimaschutz im Tourismus: Das Bundesumweltministerium hat verschiedene Initiativen gestartet, um den Klimaschutz im Tourismus zu fördern. Dazu gehört unter anderem die Unterstützung von Projekten, die den CO2-Ausstoß im Tourismus reduzieren.

Zertifizierungen und Labels: Es gibt sowohl in Deutschland  als auch im europäischen Raum und global verschiedene Zertifizierungen und Label für nachhaltigen Tourismus.

Diese politischen Beschlüsse und Initiativen zeigen, dass Nachhaltigkeit im Tourismus in Deutschland ein unerlässliches Thema und auch von der Agenda der Regierung nicht mehr wegzudenken ist.

Nachhaltigkeitsbestrebungen anderer Tourismusverbände

 

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