Michis Thema der Woche

Michis Thema der Woche: Pauschales Katzengejammer

Michael Buller, Vorstand des VIR (Verband Internet Reisevertrieb)

Michael Buller, Vorstand des VIR (Verband Internet Reisevertrieb)

Seit kurzem ist der Aufschrei über die neue Pauschalreiserichtlinie aus der EU groß, dabei ist das Thema überhaupt nicht neu! Es ist schon 2013 groß aufgeschlagen, als das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz die Verbände anschrieb, mit der Bitte um deren Meinung über den damaligen Entwurf zu der neuen Pauschalreiserichtlinie der EU. Damals schon war klar, dass das was hier rauskommen könnte, eine ziemliche Herausforderung auf allen Seiten inklusive der Kunden (der das erst mal verstehen muss!) wird.

Die Geschichte/Entwicklung dieser neuen Pauschalreiserichtlinie zeigt gut auf, was von  online Unternehmen wie selbstverständlich gefordert wird. Als Begründung wurde die Entwicklung des Internets herangezogen und deswegen bräuchte man dringend eine Modernisierung der Richtlinie von 1990. Jetzt müsste man meinen, dass es unglaublich viele Beschwerden von Konsumenten zuvor gegeben haben muss, die diesen Punkt auf die Agenda brachte, aber dem war nicht so. Vielmehr waren es Veranstalter, die sich benachteiligt sahen und Verbraucherschützer, die den Kunden natürlich schützen wollten vor dem „Ding da aus dem Internet“.

In Zusammenarbeit mit der International University of Applied Sciences (IUBH) hat der VIR erst letztes Jahr eine Studie unter Konsumenten zum Thema „Pauschal-oder Individualreise – Stellenwert von Sicherheit und Haftung bei der Reisebuchung“ durchgeführt. Laut Studienergebnissen wussten 2/3 der Befragten, dass man bei einer Individualreise eine geringe Absicherung hat als bei einer Pauschalreise. Als jedoch gefragt wurde, wie wichtig diese Sicherheit ihnen wirklich ist, so waren es gestützt gerade nur noch 27 % der Befragten diesen Punkt als wichtig ansehen.

Wäre die Pauschalreiserichtlinie eine reine Regelung für das Web gewesen, hätte vermutlich Jeder gesagt, „recht so“. Dumm nur, dass die Pauschalreiserichtlinie noch nie einen Buchungskanal, sondern immer schon den Verkauf von Reisen an sich geregelt hat (es gab auch vorher keine Sonderregelungen für den Verkauf z.B. über TV oder Telefon).

Was passiert wenn man nur noch Regelungen für das Web im Auge hat!

Da alle beim Findungsprozess Beteiligten nur das Web im Auge hatten, wurde versucht so ziemlich jeder Fall von möglicher Umgehung einer Haftung irgendwie ins Gesetz zu drücken. Vermutlich war das der großer Fehler, denn die bisherige Regelung hat sehr gut funktioniert und zumindest in Deutschland gab es keine Unternehmen, die legale Wege suchten um um eine Absicherung herum zu kommen.

Ich finde es ist ein ganz gutes Beispiel dafür, welche Regelungen für die Digitalbranche entstehen, die im analog Bereich nie gefordert werden würden. Hätte die Intention dieser Richtlinie nicht den digitalen Bereich der Branche im Auge gehabt sondern den Analogen, wären viele Regelungen die nun drinnen stehen schon aus Absurdität überhaupt nicht in das Regelwerk aufgenommen worden.

Im Trialog der EU, bei dem drei Vorschläge nebeneinander diskutiert wurden, zeigte sich das ganze Ausmaß an Forderungen und selbst diejenigen die bisher mit „regelt das böse Internet“ propagiert hatten, fingen nun an zurück zu rudern.

Die Arbeit von Verbänden ist übrigens nicht immer leicht. Wie findet man die richtigen Antworten um einen ganzen Markt gerecht zu werden? Natürlich gibt es Unterschiede zwischen Forderungen von klassischen Reisebüros, Leistungsträgern, Veranstaltern und natürlich auch noch die in Generalverdacht stehenden Online-Anbieter.

2013 hat der VIR tatsächlich darauf hingewiesen, dass die vorgeschlagene Neuregelung den Reisebürovertrieb ziemlich hart treffen wird. Denn damals war schon klar, dass der klassische Reisebürovertrieb sich mit dem Thema auseinander setzen muss und sich nun endlich aktiv am Prozess beteiligen sollte. Wir haben ebenso unsere Einreichung mit den wichtigsten Punkte an das Bundesministerium öffentlich gemacht, aber die Reaktion war ziemlich gering.

Für uns übrigens hat das die Diskussionen sowohl auf EU-, als auch auf Bundesministeriumsebene zu dem Thema erschwert. Irgendwie hatte man dort immer den Eindruck, dass „Ihr das ja nicht wollt, weil ihr ja die Betroffenen seid“. Unsere Hinweise auf den Gesamtmarkt, wurden oft als Ablenkungsmanöver interpretiert, anstatt als ehrlich gemeinte Warnungen.

Beim Trialog in 2015, bei dem das Kind eigentlich schon in den Brunnen gefallen war, kam dann eine große Anzahl von Reisebüros darauf, dass hier doch was schief läuft und man schrieb seine Politiker an dies zu stoppen. Das kam allerdings zwei Jahre zu spät, denn eigentlich ging es hier nicht um das Ob, sondern nur noch um das Wie.

Die Richtlinie wurde dann Ende 2015 verabschiedet und die Verbände haben noch so manchen Punkt verändern können, durchaus auch wegen des Aufschreis in der Branche und den vielen Schreiben der Reisebüros.

Das Gesamtergebnis wird allerdings für ziemlich viel Arbeit sorgen, denn vermutlich wird jeder nun seine Prozesse dokumentieren müssen, um später belegen zu können nicht nachträglich dann doch in unabsehbare Haftungen für ein eigentlich reines Vermittlungsgeschäft zu kommen. Auch Dinge wie die neuen Informationspflichten werden erhebliche Arbeit und Kosten verursachen.

Nun sind die Länder aufgerufen, dies in ein lokales Gesetz zu überführen und das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz hat nun einen ersten Referentenentwurf vorgelegt. Ich würde mir wünschen, das dieser nicht nur von den Verbänden gelesen wird, sondern von den einzelnen Betroffenen. Allerdings wird nun wieder Zeit vergeudet in dem man sich lautstark über eine Richtlinie ärgert die schon längst durch ist!

Denn das, was man im Referentenentwurf vorfindet, ist leider noch weiter gefasst, als die Forderungen der EU-Richtlinie. Ich bin mir nicht sicher ob das so gewünscht ist, aber es entsteht viel Unsicherheit durch unklare und offenen Formulierungen die sich in diesem Entwurf vorfinden. Das Ergebnis dieses ist, das so ziemlich alles abgesichert werden müsste und das wäre auf jeden Fall jetzt einen lauten Aufschrei wert.

Die Verbände haben hier ihre Arbeit gemacht und sicherlich hat jeder von Ihnen eine eigene Einreichung beim Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz fristgerecht eingereicht. Auch wird es im August eine Anhörung geben, in der wir unsere Position deutlich machen können.

Meine Forderung an die Branche ist, ein Aufschrei ist manchmal wichtig, aber bitte zur richtigen Zeit und beim richtigen Thema …..und am besten sie schreien gleich los!