Wenn der Reisemangel im Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters liegt, gibt es mehrere Aspekte zu beachten:
Reiserecht am Urlaubsort
Sie haben einen gesetzlich verbrieften Anspruch darauf, dass der Reiseveranstalter die Reise so erbringt, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und mangelfrei ist (§ 651 c BGB). Geringfügige Abweichungen, die unerheblich vom versprochenen Leistungsumfang abweichen, wie zum Beispiel kurzfristiger Stromausfall, Ausfall der Klimaanlage für eine Nacht, Flugverspätung bis 4 Stunden oder Ortsüblichkeiten, wie nächtliche Ruhestörungen in südlichen Ländern, stellen keine Reisemängel dar. Sie müssen entschädigungslos hingenommen werden.
Wenn Sie aber das Gefühl haben, dass Ihre Reise einen Mangel hat, d.h. nicht das geleistet wird, was ihnen versprochen wurde, sollten Sie den Reiseveranstalter unverzüglich und noch vor Ort informieren. Die Juristen nennen das Mängelanzeige. Die Mängelanzeige kann direkt an die Zentrale des Reiseveranstalters oder eine sonstige vom Reiseveranstalter benannte Kontaktstelle übermittelt werden.
Zu empfehlen ist, dass Sie sich direkt an den örtlichen Reiseleiter Ihres Veranstalters wenden. Es genügt im Regelfall nicht, wenn Sie sich beim Leistungsträger, zum Beispiel beim Hotelier, einem Vertreter der Fluggesellschaft oder dem Busunternehmen, mit dem Sie einen Ausflug machen, beschweren. Eine Ausnahmeregelung besteht nur, wenn Sie den Reiseveranstalter oder der Reiseleiter nicht erreichen können.
Ist die Beeinträchtigung nicht nur als bloße Unannehmlichkeit anzusehen, warten Sie nicht, bis der nächste offizielle Sprechtag des Reiseleiters stattfindet, sondern versuchen Sie diesen sofort telefonisch zu erreichen. Die meisten Reiseveranstalter haben in ihren Hotels eine Informationstafelangebracht, auf der Name,) Anschrift und Telefonnummer des Reisleiters angegeben ist.
Schildern Sie die Mängel und fordern Sie den Reiseleiter (wenn nicht erreichbar: den Reiseveranstalter!) auf, unverzüglich Abhilfe zu schaffen. Setzen Sie eine angemessene Frist zur Beseitigung. Welche Frist angemessen ist, kann nur im jeweiligen Einzelfall konkret bestimmt werden. Die Frist ist jedoch so zu bemessen, dass der Reiseveranstalter eine realistische Chance hat, Abhilfe zu schaffen.
Sie müssen später unter Umständen beweisen können, dass Sie Abhilfe verlangt haben. Lassen Sie sich vom Reiseleiter schriftlich bestätigen, dass Sie den Mangel angezeigt haben. Allerdings besteht kein Anspruch darauf, dass ein solches Beschwerdeprotokoll erstellt wird. Nehmen Sie sich daher einen Zeugen mit, der das Gespräch und die Mängel bestätigen kann. Das kann auch ein Ehe- oder Lebenspartner sein, besser ist aber ein neutraler Dritter. Dokumentieren Sie die Mängel durch Fotos oder Videoaufnahmen.
Erst wenn eine dem Reiseveranstalter gesetzte angemessene Frist (s.o.) verstrichen ist, ohne dass Abhilfe geschaffen wurde, haben Sie das Recht auf Selbstabhilfe, d.h. den Reisemangel auf Kosten des Reiseveranstalters selbst zu beseitigen (§ 651 c Abs. 3 BGB). So können Sie beispielweise in ein anderes Hotel umziehen, wenn Ihr Hotel erhebliche Mängel vorweist. Doch Vorsicht! Sie tragen das Risiko, wenn sich später vor Gericht herausstellt, dass die Reiseleistung nicht mangelhaft war! Daher ist vor zu schneller Selbstabhilfe zu warnen!
Bei schwerwiegenden Mängeln (das sind solche, die zu einer Minderung des Reisepreises um 50% und mehr berechtigen), können Sie auch den Reisevertrag kündigen und vom Reiseleiter oder Reiseveranstalter die Organisation der Rückbeförderung verlangen (§ 651 e BGB). Verweigert er das, können Sie die Rückreise selbst organisieren (Selbstabhilfe). Dazu kann aber nur geraten werden, wenn es sich wirklich um eine schwerwiegende Beeinträchtigung handelt. Das Risiko, dass ein Gericht Ihrer Einschätzung nicht folgt, tragen Sie.
Auch bei Naturkatastrophen (Wirbelstürme, Vulkanausbrüche etc.), Epidemien oder bei Ausbruch eines Bürgerkrieges kann man den Vertrag kündigen. Anspruch darauf, dies kostenfrei (d.h. ohne Zahlung von Stornokosten) zu tun, haben Sie allerdings nur, wenn ein Fall von höherer Gewalt vorliegt (§ 651 j BGB). Das ist nur der Fall, wenn die Reise erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt wird, und zwar durch ein Ereignis, das – und das ist entscheidend – bei Vertragsschluss nicht voraussehbar war.
Reiserecht nach der Rückkehr vom Urlaubsort
Unmittelbar nach Rückkehr aus dem Urlaub müssen Sie Ihre Ansprüche auf Reisepreisminderung und/oder Schadensersatz beim Reiseveranstalter (nicht im Reisebüro!) anmelden. Dazu haben Sie maximal einen Monat Zeit. Diese Frist beginnt mit dem Tag des vereinbarten Endes der Reise; es ist daher auf den Tag abzustellen, an dem Sie die Reise nach dem Reisevertrag beenden sollten, nicht auf den, an dem die Reise tatsächlich geendet hat (z. B. bei einem Abbruch der Reise).
Dieser Tag zählt bei der Berechnung nicht mit (§ 187 BGB). Daher endet die Frist bei einer Reise, die am 1. Juli beendet sein sollte, am 1. August. Fällt das Fristende auf einen gesetzlichen Feiertag, Samstag oder Sonntag, endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (§ 193 BGB).
Sie müssen in Ihrem Schreiben konkret schildern, welche Mängel der Reise Sie geltend machen. Weiterhin müssen Sie eine Zahlung verlangen. Die Höhe kann offen bleiben; es ist aber zweckmäßig, eine bestimmte Vorstellung anzugeben. Rechtliche Ausführungen müssen Sie nicht machen; sie sollten aber deutlich machen, dass Sie entweder Minderung oder Schadenersatz fordern und sich nicht nur ganz allgemein beschweren möchten. Sätze wie „Ich bitte um Kenntnisnahme“ oder „Ich bitte um Überprüfung“ sind keine konkreten Anspruchsanmeldungen und können als einfache Beschwerden angesehen werden.
Es wird dringend empfohlen, dieses Schreiben per Einschreiben/Rückschein oder Telefax zu versenden, damit Sie ggf. beweisen können, dass Sie die Ansprüche fristgerecht geltend gemacht haben. Vor einem Einwurfeinschreiben wird abgeraten, da nur ein Einwurf bestätigt wird. Der Zusteller als Zeuge ist meist als Beweis nicht ausreichend, weil er sich nicht mehr erinnern wird. Sein Zustellungsvermerk nach der Privatisierung der Post hat nicht mehr die öffentliche Vermutung.
Was ist zu tun, wenn der Reiseveranstalter die Ansprüche ganz oder teilweise ablehnt?
Mit der rechtzeitigen Anmeldung von Gewährleistungsansprüchen ist eine Phase der Verhandlungen eingeleitet. Nach § 203 BGB ist für die Zeit, in der zwischen dem Schuldner (Reiseveranstalter) und dem Gläubiger (Reisender) Verhandlungen über die Ansprüche schweben, die Verjährung (siehe dazu unten) gehemmt (d.h. unterbrochen) und zwar solange, bis eine der Parteien, d.h. entweder der Reiseveranstalter oder Sie, die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Früher musste der Reiseveranstalter dazu die Ansprüche ausdrücklich „schriftlich“ zurückweisen. Dies gilt heute nicht mehr; eine einfache Erklärung kann u.U. genügen. Daher sollten Sie aufpassen, dass Sie die Zurückweisungserklärung nicht übersehen und damit die Verjährungsfrist unbemerkt weiter läuft.
Ihre reisevertraglichen Ansprüche verjähren nach neuem Recht grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Tag, an dem die Reise vertragsgemäß enden sollte, nicht mit dem Tag die Reise tatsächlich beendet wurde (§ 651 g Abs.2 BGB). Das ist entscheidend, wenn Sie z.B. Ihre Reise abgebrochen haben oder wenn Sie verspätet aus dem Urlaub zurückgekommen sind.
Sehen Sie sich aber unbedingt die Allgemeinen Reisebedingungen (ARB) an: Der Gesetzgeber hat dem Reiseveranstalter erlaubt, die Verjährung auf ein Jahr zu verkürzen (§ 651 m BGB). Es ist damit zu rechnen, dass auch „Ihr“ Reiseveranstalter von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Wenn also die ARB wirksam in den Reisevertrag einbezogen wurden und sich darin eine entsprechende Klausel findet, sind Ihre Ansprüche schon nach einem Jahr verjährt.
Konnten Sie sich mit dem Reiseveranstalter nicht innerhalb der Verjährungsfrist (ein oder zwei Jahre) über die Minderung des Reispreises oder die Zahlung von Schadensersatz nicht einigen, müssen Sie die Verjährung erneut unterbrechen. Das können Sie durch die Zustellung eines Mahnbescheides im Mahnverfahren oder durch Erhebung einer Klage tun (§ 204 BGB). Die Unterbrechung dauert dann fort, bis der Prozess rechtskräftig entschieden oder anderweitig (z.B. durch einen Vergleich) beendet worden ist (§ 211 BGB). Gleiches gilt , wenn Sie ein Güteverfahren einleiten: Die Verjährung wird dann bis zu dessen Erledigung unterbrochen, und wenn sich unmittelbar daran ein Gerichtsverfahren anschließt, sogar bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss.